Von aus und von aus jetzt

Für meine Kolumne FRAGEN SIE FRAU ANDREA in Falter 44/2015 zum 28.10.2015

Liebe Frau Andrea,
ich bin verwirrt. Ich habe gelernt zu sagen, “diese Buchbesprechung von 1999”, “dieser Bericht von 2008”, “dieses Musikstück von…”, aber im ORF heißt es nicht mehr so, auch in der Fachliteratur wird dauernd gesagt “aus 1999”, “aus 2008” etc. Bin ich als Exdeutsche völlig daneben oder hat sich da im Deutsch-Österreichischen etwas in den letzten Jahren geändert?
Ganz freundliche Grüße,
Mag. Marianne Wewalka, per Email
P.S. Liebe Ihre Kolumne sehr!

Liebe Marianne,

begeben wir uns kurz in die Niederungen der Deutschen Grammatik. Präpositionen (von lateinisch „praeponere“, voranstellen) geben an, in welchem Verhältnis Personen, Dinge oder Vorgänge zueinander stehen. Diese Wortarten werden auch Verhältniswörter oder Beziehungswörter genannt, in der germanistischen Literatur firmieren sie zudem als “Fallfügteile” oder “Lagewörter”, österreichischerseits kennen wir sie als “Vorwörter”. Die Präposition “von” bezeichnet die Herkunft einer Person oder Sache – wenn damit ein lokales Verhältnis ausgedrückt wird, also etwa in einem Satz wie: “Ich ging von der Alserstraße in die Bräunerstraße”. “Von” kann aber auch temporal gebraucht werden – um damit eine bestimmte Zeitdauer und ihren Anfangspunkt zu bezeichnen. Ein Satz könnte dann lauten: “Von früh bis spät schreibe ich Falter-Kolumnen.” Gebrauchen wir die Präposition “von” modal, bezeichnen wir in der Regel Qualität oder Material einer Sache oder Person. Wir sagen dann: “Die Frage der Leserin war von großer sprachlicher Relevanz” oder “Der Tisch war von Holz gemacht”. Hier hat unser Gebrauch des Deutschen eine Wandlung erfahren, sagen wir doch (zumindest in Österreich) längst: “Der Tisch war aus Holz gemacht.” Und hier finden wir den Keim unseres Problems! Die Präposition “aus” kann bekanntlicherweise auch lokale Beziehungen präzisieren, etwa, wenn wir sagen: “Die Leserin nimmt den Falter aus ihrer Tasche”. In kausaler Bedeutung benennt die Präposition “aus” einen Grund: “Aus Lust an Erkenntnisgewinn vertiefte sich die Fragentante in Unbeantwortetes.” In der scheinbaren Austauschbarkeit der Verhältniswörter “von” und “aus” liegt unser Hund begraben! Dies schreibt Ihnen Dottoressa Dusilova in einer Antwort aus dem Spätoktober 2015. Geschrieben am Freitag, den 23ten von acht Uhr früh bis kurz nach Elf.

www.comandantina.com dusl@falter.at Twitter: @Comandantina

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