Österreichs wahre Sieger

Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 21.02.2014.

Die Geschichte der Beziehungen zwischen Österreich und der Podesterie ist eine Geschichte voller Gefahren. Historisch gesehen war das Podest der Schar der Heiligen zugedacht und allenfalls ausgesuchten Mitgliedern der Familien Habsburg und Lothringen. Erst spät erklommen kriegerische Persönlichkeiten das Podest, wohl in Ermangelung podestwürdiger martialischer Begebenheiten. Die größten Podestplätze Österreichs sind nicht an Schneefahrer, Schanzenadler und Taktstockschwinger vergeben, sie stehen auf dem Heldenplatz und dienen den Reiterstatuen der Kriegshelden Erzherzog Karl und Prinz Eugen als Prachtsockel. Beide Denkmäler verdanken wir dem deutsch-österreichischen Bildhauer Anton Dominik Ritter von Fernkorn. Das Denkmal des Napoleon-Bezwingers Erzherzog Karl gilt noch dazu als unerreichte technische Wunderleistung, steht das eherne Schlachtross doch ausschließlich auf den beiden dünnen Hinterbeinen. Über der Befürchtung, sein exklusives Standbild könnte einknicken, soll Fernkorn, so die Legende, wahnsinnig geworden sein. Nach mehreren Schlaganfällen wurde der gefeierte, aber nervlich zerrüttete Fernkorn 1868 in eine Irrenanstalt eingeliefert. Die Reiterstatue des Prinzen Eugen wurde von seinen Schülern fertiggegossen. Um weitere Psychiatrierungen abzuwenden, stützt sich das Erzbild des Savoyers sicherheitshalber auch auf den Schweif als drittes ehernes Bein. Im Lichte dieser künstlerischen Großereignisse meidet der Österreicher das öffentliche Podest. In dieser nationalen Grundfurcht dürfen wir die als Bescheidenheit und Pechsträhnigkeit missverstandene Attitude österreichischer Sportler verorten, bei Olympischen Spielen tunlichst das Podest zu umgehen. Gewiss, nicht immer lässt es sich vermeiden. In der Regel werden Österreicher bei internationalen Großereignissen Vierte, Achte und ferner liefen. Das Podest als vierkantiger Heldenhügel mag unsere Sache nicht sein. Zur Bühne verbreitert genießt das Podest aber weitgehend Zuneigung. Im Wedeln war Hansi Hinterseer maximal eine begabte Sternschnuppe, im Schlagersingen hingegen ist er Weltmeister. DJ Ötzi und Andreas Gabalier schafften den Sprung auf die Heldenbühne ganz ohne Schnee.

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