Erntedank

Für meine ‚illustrierte Kolumne‘ in den Salzburger Nachrichten Wochenende vom 19.10.2013, Seite X.

Diesmal war es nicht ganz einfach. Mit der Ernte. Und mit dem Dank. Denn diesmal hat des Wetters Unbill zugeschlagen. Mit grausamer Keule. Rücksichtslos und nachhaltig. Und wiederholt. Erst gab es sibirisches Klirren bis in den Mai, dann ein Jahrhunderthochwasser. Kaum waren die Fluten Richtung Osten abgeflossen, schlug der Sommer zu. Mit saharischer Hitze und gewitterloser Trockenheit. Seit Schulbeginn haben wir NNN. Nebel, Nässe, November. Österreichs Erntedankfeste, üblicherweise Prozessionen der Üppigkeit, glichen Trauermärschen. Mussten andernjahrs die Hänger des ganzen Dorfes beladen werden, reichte diesmal ein Leiterwagerl. Für die zwei kleinen Kürbisse, die halbe Garbe Korn und das Gurkerl. Auch auf politischem Parkett, traditionell herrschen hier Sprache und Sitten aus der Landwirtschaft, wurde Ernte eingefahren. Und auch hier war das Ergebnis traurig. Kein Wunder, es wurde an Urnen abgestimmt. Bitter liegen geblieben waren die orangen Früchte – viele waren es, seit die Sonne vom Himmel gefallen war, ohnedies nicht mehr gewesen. Grünes, bei den Städtern seit jeher beliebter als auf dem Land, schaffte es zwar in die Scheunen, die Schnitter beklagten aber Verluste durch Schafe und Affen. Weit unter den Erwartungen blieb auch die Ernte von Onkel Fränk aus Kanada. Kritiker bemängeln, hier wurden zu viele Flaschen zugekauft. Alten Wein panschten erwartungsgemäß die Nächstenlieblinge der sozialen Heimatpartie, noch älteren wollen jetzt Schwarze und Rote in die Fässer füllen. Der Heurige ist diesmal giftrosa und heißt Neos. Prost. Ein Jammer, das Erntejahr 2013, gäbe es nicht auch Erfreuliches zu berichten. Hermann Maier hat an die Zukunft gedacht und Zwillingstöchter ausbrüten lassen. Lieselotte und Valentina Schneller (guter Name übrigens!) werden spätestens 2027 Goldmedaillen einbringen. Die Fußballnationalmannschaft der Herren hat den Hafer nicht geschnitten und den anstrengenden Traum vom Rasentanz in Brasilien eingeackert. Manchmal müssen Opfer gebracht werden.

Wir wollen dankbar sein.

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