Viel Rauch um den gsöchten Aff

Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‚ in Falter 43/2013
Liebe Frau Andrea,
unlängst ist mir seit langem wieder das Schmähwort „gselchter Åff“ untergekommen. Wenn ich mich erinnere und nicht irre, kam es auch im „Gschupften Ferdl“ vor. Das Bild ist ja durchaus originell, weniger anschaulich, schreit aber ganz nach einer hintergründigen Anmerkung. Haben Sie eine Ahnung oder gar triftige Erklärung?
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Gerhard Weinwurm, per Digitaldepesche
Lieber Gerhard,
in Gerhard Bronners legendärer Boogie-Woogie-Persiflage ‘G’schupfter Ferdl’ – sie beschreibt die farbenreiche Geschichte eines Raufhandels in der Tanzlokalität Thumser in Wien-Neulerchenfeld – findet die Verbalinjurie ‘Gsööchda Off’ (geselchter Affe) prominent Gehör. Während des ‘gschtrampften Tschitabags’ (des gestrampelten Jitterbugs), gespielt von Charlie Woprschaleks Golden Boys aus Hernals, tanzt Liedheld Ferdl (Ferdinand) mit seiner Freundin Mitzi (Maria) Wasdabdschik: “Das Saxophon das imparovisiat. Die Nummer: Ei kenn gif ju änising bat loff. Beim letztn Ton, do hod a se g’irrt. Worauf da Ferdl sagt: Des is a gsöchta Off!“ Angesprochen fühlt sich nicht der Tanzmusikant, sondern ein nebenan tanzender junger Mann, dem Ferdinand einst die Mitzi ausgespannt hat. Der geselchte Affe beisst Ferdinand in die Nase, worauf dieser dem Gegner mit einem leichten ‘Stessa’ (einem Stoß) antwortet: “Durch diesen Stessa fliegt der durch das ganze Tanzparkett – am andern Ende pickt er traurig an der Wand.” Es entspinnt ein Raufhandel, in dessen Folge Ferdinand von einer Übermacht malträtiert wird. Die kurzbleibenden Schäden, ein blaues Auge und Schwerelosigkeit behandelt der ‘gschupfte’ (der verrückte) Ferdl mit kalten Umschlägen und dem Schmerzmittel Pyramidon. Das wienerische Schimpfwort ‘Gsöchta Off’ hat einen Begleiter im ‘gsöchten Haring’ (Hering) und in der ‘gsöchtn Gösn’ (Gelse). So werden dürre und hagere Menschen bezeichnet, wird doch Gsöchtes (Geselchtes) durch den Räuchervorgang dürr und schrumpelig. Gsöcht kann, wie bochn (gebacken), woam (warm) oder ghaadsd (geheizt) auch ein Hüllwort für schwul sein. Bisweilen werden auch Franke (franke, also straighte, nichtschwule) als Gsöchte bezeichnet, etwa Polizisten und starke Raucher. ‘Off’ (Affe) schliesslich gibt einen Hinweis auf soldatensprachliche Beleidigungstraditionen.
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