Feuchtmaschine Deutschlandsberg

Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‚ in Falter 44/2012
Liebe Frau Andrea,
während meiner Schulzeit kam irgendwann der Zeitpunkt, als ich vor der Irrationalität einer Rechtschreibregel kapitulierte, und mich aus Rücksicht auf meine Schularbeitsnoten schließlich überwand, „Maschine“ ohne langes „ie“ zu schreiben. Noch heute schmerzt es mich, diesem schönen Wort beim Schreiben seine charakteristische Betonung zu entreißen. Noch viel irritierender verhält es sich aber bei dem Begriff „buchhalterisch“ (buchhalteerisch) und der rätselhaften Motivation, bei der Ortschaft Deutschlandsberg besonders die zweite Silbe zu betonen. Über ein paar Hinweise diese Entwicklungen betreffend würde ich mich freuen.
Liebe Grüße, Marie Rögner, per Email
Liebe Marie,
in die Versuchung, die Maschine mit langem ‘ie’ zu schreiben, geraten wir wohl wegen ihrer lautlichen Ähnlichkeit mit der Schiene. Die beiden Wörter haben allerdings nichts mit einander zu tun. Die Maschine kommt vom französischen ‘machine’ und dieses vom lateinischen ‘māchina’, entlehnt aus griechisch μηχανή, ‘mechané’. Das Wort bezeichnet eine künstliche Vorrichtung, zunächst nur eine Kriegs- und Belagerungsmaschine. Die Schiene, althochdeutsch ‘skina’ stammt wie ‘scheiden’ aus einer indoeuropäischen Wurzel *skei-, soviel wie abspalten, (einen länglichen Splitter) absch(n)eiden. Die gekünstelte Aussprache von ‘buchhaltérisch’ scheint dem Bedürfnis von Buchhaltérn zu entspringen, ihrer Tätigkeit einen frankophon-sakralen Anstrich zu geben. Ähnliches passierte mit ‘lutherisch’, das lange Zeit, analog zu ‘katholisch’, auf der zweiten Silbe ausgesprochen wurde. Ganz anders verhält es sich mit dem Namen der südweststeirischen Bezirksstadt Deutschlándsberg. Die Betonung auf der zweiten Silbe kommt daher, dass Deutschlándsberg nicht von Deutschlands-Berg, sondern von Deutsch Landsberg kommt. Das südweststeirische Landsberg sollte so vom südsteirischen, heute slowenischen Windisch Landsberg (Podčetrtek) an der kroatischen Grenze unterschieden werden. Bizarrerweise kommt aber auch das “deutsche” Landsberg aus dem Slawischen. Noch im Mittelalter ‘Lonsperch’ ausgesprochen, stammt der Ortsname vom heute Losnitz (Laßnitz) genannten Flüsschen *lonč’nica, und dieses von *lǫka, der “feuchten Wiese“. Wörterbuchhaltérisch könnten wir von Deutschfeuchtwiesenbachberg sprechen, Betonung auf “feucht”.
www.comandantina.com dusl@falter.at

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert