Eine Season macht noch keinen Sommer

Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‚ in Falter 37/2011
Liebe Frau Andrea,
  
ich schätze Sie, Ihr Wissen, und, dass Sie auch ein Fan US-amerikanischer TV-serien sind. Schon länger frage ich mich, was es hier mit der Zahl Zwölf auf sich hat. Die meisten Serien haben pro Staffel zwölf Folgen. Wieso ist das so? Sicher nicht wegen der zwölf Apostel. Was ist Ihre aktuelle Lieblingsserie?
Freundliche Grüße, Moritz Katzer,
Ottakring, per Elektropost
Lieber Moritz,
die zwölf Apostel verdanken ihre Duodezimalität der pentateuchisch-chumasischen (salopper ausgedrückt: alttestamentarischen) Zwölfzahl der Stämme Israels. Diese widerum sollen jeweils die Nachkommen der zwölf Söhne des Abraham-Enkels Jakob sein. Das Motiv für diese vorderorientalische Bevorzugung der Zahl Zwölf liegt wohl in der mathematisch-numerologischen Bededeutung, die sie für die frühen Hochkulturen Mesopotamiens hatte. Die Zwölf galt als Symbol des Ganzen. Sie war neben ihrer guten Teilbarkeit durch 12, 6, 4, 3, 2 und 1 auch astrologisch aufgeladen, beinhaltet doch ein Sonnenjahr zwölf Mondzyklen. Wobei wir auch schon bei der Einteilung des Jahres in 52 Wochen und der Woche in sieben Tage, also einem Viertel des Mondzyklus wären. US-Fernsehserien unterwerfen sich bei der Ausstrahlung zwar dem Wochenrhytmus, sie müssen aber noch jahreskalendarische Kleinigkeiten wie Weihnachten und die Sommerferien berücksichtigen. Unter season dürfen wir uns nicht das Äquivalent unserer Jahreszeit vorstellen, sondern eher so etwas wie ein Semester. Eine Serie ist ein zusammenhängendes Set von Fernsehepisoden. In der US-Fernsehindustrie wird der Ausdruck season (frei mit Staffel übersetzt) mehrdeutig gebraucht. Eine full season läuft typischerweise von September bis Mai, mit einer Unterbrechung zwichen Dezember und Februar. Dieses Ausstrahlungsschema enthält zwichen 20 und 26 Episoden. Um die Dinge noch komplizierter zu machen, wird eine Jahresseason in die beiden Teile vor und nach der Winterpause geteilt und ebenfalls season genannt. Diese kleineren seasons enthalten damit zwischen zehn und 13, oft zwölf Episoden. Meine Lieblingsserien sind übrigens der US-amerikanische Klassiker „Curb Your Enthusiasm“ und die britische Benzinbrüdersendung „Top Gear“.
www.comandantina.com dusl@falter.at

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