Polnische Parolen, hohle Katholen

Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‚ in Falter 12/2010
Liebe Frau Andrea,
mir brennt aus aktuellem Anlass eine Frage unter den Nägeln: Warum sagen Kirchenfeinde eigentlich immer „Katholen“, wenn sie „Katholiken“ meinen. Hat das einen etymologischen Hintergrund? Oder ist das nur eine sinnfreie Verkürzung?
Es grüßt Sie aus der Leopoldstadt,
Mordechai Knegle, per Elektropost
Lieber Mordechai,
mit dem Begriff Katholiken bezeichnen wir heute im weitesten Sinne freiwillige und unfreiwillige Mitglieder, Funktionäre, Angehörige und Sympathisanten der römisch-katholische Kirche. Die grösste religiöse Gruppierung der Welt bezeichnet ihren hierarchischen Apparat in ihrem Glaubensbekenntnis als “Heilige Katholische Kirche.” Der Terminus katholisch kommt vom griechischen katholikos und ist ein Kompositum der griechischen Wörter kata (von … herab, völlig) und holos (ganz). Sinngemäß ist damit “universell” “allumfassend” gemeint. Obwohl eine Vielzahl christlicher Gruppierungen die Formel “katholisch” in ihrem Kirchennamen führt, ist mit “katholisch” nahezu ausschliesslich die Gemeinschaft jener Gläubigen gemeint, die den Papst (und Bischof von Rom) als oberste Autorität versteht. Als älteste bekannte Verwendung des Begriffs gilt eine Passage in einem Brief des frühchristlichen Bischofs Ignatius von Antiochien (35-117), der im Brief an die Smyrnäer (8,2) daran erinnert, dass “da, wo Jesus Christus” sei, “auch die katholische Kirche“ sei. Die Herkunft des Ausdrucks “Katholen” für willfährige und romtreue Katholiken lässt sich weder zeitlich noch geographisch präzise fokussieren, scheint aber auf das Deutsche beschränkt zu sein. Die Bedeutung des Adjektivs “hohl” mag hier ebenso mitschwingen wie die negativen Konnotationen des Begriff der “Parole”. Als wahrscheinlichsten Ursprung des Begriffs “Kathole” möchte ich das Ponitifikat Johannes Paul II. sehen. Ich entsinne mich, den Begriff Kathole zum ersten mal während der vatikanischen Regentschaft des vorletzten Stellvertreter Jesu Christi gehört zu haben. War doch der “Servus servorum Dei” Karol Józef Wojtyła zweierlei: Katholik und Pole. In dieser Konjunktion vermute ich den Ursprung des Begriffs Kathole.

www.comandantina.com dusl@falter.at

3 Gedanken zu „Polnische Parolen, hohle Katholen“

  1. Katholen – „Das Katholon“ kommt in Heinrich Bölls „Ansichten eines Clowns“, wo er sich am rheinischen Katholizismus (der Frau des Protagonisten?) abarbeitet, häufig vor. Daher ab den 1970er-Jahren etwas verächtlich „Kathole“ gebräuchlich (?)

  2. Ich bin mir sicher, das Wort „Katholen“ schon lange vor dem Pontifikat Wojtilas gehört zu haben, glaube also nicht, dass die Wortschöpfung was mit „Pole“ zu tun hat. „Katholen“ ist sicher schon älter und wurde bzw. wird auch gern im Zusammenhang mit „Evangelen“ (für Protestanten) verwendet.

  3. Ich kann mich erinnern, dass in einem Kabarettprogramm von Lukas Resetarits (geschätzt: in den achtziger Jahren) folgender Slogan (als ironisch gemeinde Selbstmotivation für Katholiken) vorkam: „Katholen müssen überholen!“

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert