Die Krise ist vorbei

Für meine Gast-Kolumne ‚Lebensart‘ in den Salzburger Nachrichten vom 12. September 2009
Krise.jpgEs ist noch kein Jahr vergangen, da wurde die größte Krise seit Menschengedenken ausgerufen. Die Börsen rasselten ungebremst in den Abgrund, den Banken gingen erst das Geld und dann die Ausreden aus, Politiker taumelten kreidebleich und apathisch vor die Kameras und rangen nach Worten. Die Sterndeuter des Marktgeschehens sprachen vom Weltuntergang. Kein Stein, sagten sie, werde auf dem anderen bleiben, nichts werde nach dieser Krise so sein wir zuvor, die Menschheit müsse sich ein neues System ausdenken. Das Prinzip Geld, sagten sie, habe ausgedient. Aufstände, Hungersnöte, Seuchen und Pandemien, der dritte Weltkrieg stünden bevor. Glück werde haben, wer nur Hyperdeflation, Enteignung und Zahnausfall erlebte.
Die Ersten, die der Krise trotzten und in die Handys spuckten, waren die Schuldigen selbst. Wallstreetjongleure, Hedgefondskapitäne und Steueroasenwarte zuckten kurz mit der Wimper, legten sich eine Line und dann warfen sie den stotternden Weltmotor wieder an. Sie baten die Politik mit verschnupftem Timbre um das wenige Geld, das noch im Umlauf war, pumpten es in das marode Bankensystem und ließen sich als Trostpflaster gleich einmal ein paar Milliärdchen an Boni auszahlen. Eine Jacht auf den Bahamas ist eine ernst zu nehmende Verpflichtung, die leicht zu exogener Depression führen kann, wenn der Rumpf Muscheln ansetzt und die Bullaugen nicht geputzt werden. Auch ein Bugatti braucht Pflege. Katatonische Sechzehnzylinder hemmen die Innovationsfreude, Garagenluft macht traurig. Und die Vermeersammlung braucht schon aus Prinzip ein bisserl Zuwachs. Tut’s mit dem Geld nicht allzu öffentlich herumschmeißen, mahnte das protestantische Wirtschaftsgewissen. Machen wir, sagten die Manager.
Und siehe da, es wird Licht am Ende des Krisentunnels. Die Bugattimechaniker können demnächst auch an Werktagen wieder ins Casino gehen, die Jachtrumpfputzer sich neue Manschettenknöpfe drechseln lassen und den einen oder anderen Wildkrokomaßschuh bestellen und die Gemäldevermehrer mal wieder ausgiebig Hummer spachteln gehen. Langsam kommt der Konjunkturmotor wieder in Fahrt. Gewiss, die Banken haben einen Gang tiefer geschaltet und sind jetzt langsamer mit ihren Aktionen. Kredite werden nur jedem fünften Dahergelaufenen nachgeworfen und das Refundieren der Milliardenstütze wird konservativ betrieben. Schon in Hinblick auf die guten Werte gilt es, Kapital zu massieren. Neue, innovative Finanzprodukte wollen entwickelt werden, alte Ideen neu verpackt und der Staub zu den Akten gelegt. Von der Krise haben alle profitiert. Diejenigen, die verloren haben, haben gelernt. Diejenigen, die schon was wussten, dazugelernt, und die mit den Jachten und Bugattis haben ein bisserl gesunden Thrill erlebt. Solange nicht Schlimmeres passiert, sagen sie.
Andrea Maria Dusl ist Filmregisseurin und Autorin.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert