Die Apostel des Guten

Kleines Kompendium der Spenderegenten und Gutprojektemenschen. Die Liste hat die Redaktion des Standard-Albums zusammengestellt. Die Reihenfolge der Texte folgen der Zufälligkeit dieser Bestellliste und ich habe sie in dieser Reihenfolge geschrieben. Meine eigenen Sympathien gehören Ute Bock und Willi Restarits. Mit Adoptionen, Charity, Tierliebe und Religion hab ich nichts am Hut. Ich habe nicht einmal einen.
©Andrea Maria Dusl für das Standard-Album
Geldof.jpg„Sir“ Bob Geldof Der 52jährige wurde als irischer Musiker geboren und Mitte der Siebziger als Sänger der Boomtown Rats erstmals auffällig. Sein grösster Hit mit der New-Wave Band war der Song „I don’t like Mondays“, der von der Motivation einer kalifornischen Schülerin handelt, die gerade ein Schulmassaker begangen hatte. „I don’t like Armut“ sagte sich Geldof 1984 als er im Fernsehen eine Dokumentation über die damalige Hungersnot in Äthiopien sah. Der frisurscheue Ire legte die Stromgitarre weg und gründete im Laufe der Jahre die Charity-Musik-Bewegungen „Band Aid“, Live Aid“ und „Live 8“ um mit Geld und Schuldenerlass gegen den Hunger in Afrika vorzugehen. Die Afrikaner haben seither etwas mehr zu beissen, Bob war bei Tony Blair zum Tee geladen, wurde von der Queen zum Ritter geschlagen und mehrmals für den Friedensnobelpreis nominiert.
Madonna.jpgMadonna Die italienischstämmige Sängerin wurde vor 48 Jahren relativ talentfrei als Madonna Louise Ciccone im trostlosen Sägewerkskaff Bay City, Michigan geboren und hat sich mit eisernem Willen und katholischem Schweiss vom unbedarften Fräulein mit Piepsi-Stimme zur veritablen Sexikone und Hohepriesterin des Pops hochgearbeitet. Madonna gilt mit 150 Millionen verkaufter Platten als eine der erfolgreichsten Sängerinnen aller Zeiten. Für ihre beiden Charity-Habibis Bono und Bob Geldof trat die Diva ihm Rahmen von „Live 8“ auf. Davor hatte sie schon zugunsten von Tsunami-Opfern gesungen und getanzt. Ihr grosses Herz für die Nöte der Dritten Welt bewies die Sängerin im Oktober 2006, indem sie zu ihren leiblichen Kindern Lourdes und Rocco den 15 Monate alten David, Halbweise aus Malawi adoptierte. Der Vater musste der Adoption zustimmen, was er mit der Vermutung begründete, David würde es in England besser gehen. Diskussionen über den Charity-Charakter dieser Adoption wollen seither nicht abreissen.
Benedetto-XVI.jpgDer Papst Der modebewusste Pontifex wurde vor fast 80 Jahren im Oberbayerischen Marktl am Inn als Joseph Ratzinger geboren und nach einflussreicher akademischer Laufbahn Fundamentaltheologe des Vatikan. Am Nachmittag des 19. April 2005, schon im Abendlicht seiner Karriere, wurde er überraschend klar zum 265. Papst in der Geschichte der römisch-katholischen Kirche gewählt. Seither nennt sich der Nachfolger Petri Benedikt XVI. Bisher erhob er fünf neue Heilige zur Ehre der Altäre und promulgierte 17 Seligsprechungen. Im innerchristlichen Dialog bemüht er sich um eine Annäherung an die Orthodoxe Kirche. Der Dialog mit der homosexuellen Welt und mit den Benutzern von Kondomen will hingegen schwerer in Gang kommen. Nach Verstimmungen mit dem Islam benutzte Papa Ratzi jüngst die Türkei und machte sich mit Moscheenbesuchen und klug gewählten Worten beliebt.
Bono.jpgBono Paul David Hewson, 1960 in Dublin geboren, nannte sich ursprünglich nach einem Dubliner Hörgeräteladen Bono Vox. Die gute Stimme der irischen Kultband U2 kämpft abseits der Rockbühnen mit seinem Freund Bob Geldof erfolgreich und publikumswirksam gegen Aids, Hunger und Schulden in der Dritten Welt. Der umtriebige Friedensapostel turnt im Dienste der Weltgesundung auf den Sofas der Mächtigen und war im März 2005 auf Initiative von George W. Bushs Finanzminister Snow allen ernstes als neuer Präsident der Weltbank im Gespräch. Zuletzt wurde Bono von Kritikern des Charity-Show-Biz vorgeworfen, dem amerikanischen Finanzmagazin Forbes – der „Bibel des Kapitalismus“ – mit einer Geldspritze von 250 bis 300 Mio. Dollar auf die Beine geholfen zu haben.
Ohoven.jpgUte Ohoven Deutschlands Benefiz-Königin ist Sonderbotschafterin der Unesco und seit 20 Jahren weltweit für das Projekt „Bildung für Kinder in Not“ unterwegs. Die sechzigjährige Millionärin sieht mindestens zwanzig Jahre jünger aus, ist Mutter von vier Kindern und mit einem Düsseldorfer Investmentbanker verheiratet. ihr Herz für die Armen entdeckte Deutschlands erfolgreichste ehrenamtliche Spendensammlerin in einem Krebs-Kinderkrankenhaus. 40 Millionen Mark hat sie in den vergangenen zehn Jahren für aidskranke Babys, junge Prostituierte und Waisenkinder in aller Welt zusammengebettelt. Die Elendsgestalten suchen Sie auch in ihren Träume heim, „schmutzige Kinder mit verlaustem Haar und aufgeblähten Bäuchen, Mütter mit ausgezehrten Körpern und leergesaugten Brüsten, aidskranke, ausgemergelte Väter.“ Auf Vorwürfe, Spenden im Spagat zwischen Luxus und Armut nicht richtig abgerechnet zu haben, reagiert Ohoven grantig: „150.000 Kinder hole ich jedes Jahr von der Straße, wir unterstützen 180 Projekte in 75 Ländern. Ich muss mich nicht rechtfertigen.“
Bock.jpgUte Bock Die 64jährige begann ihr gutes Werk in den Siebzigern als Leiterin eines Gesellenheims im Wiener Arbeiterbezirk Favoriten. Dort begann Ute Bock, sich für die Schicksale von Asylwerber zu engagieren, die vom Jugendamt in Ihre Einrichtung geschickt wurden. Bei einer Razzia in ihrem Heim wurden 1999 im Rahmen der umstrittenen Operation Spring etwa 30 afrikanische Jugendliche wegen Drogenhandels festgenommen und Bock wegen Bandenbildung und Drogenhandels angezeigt und vom Dienst suspendiert. Die Anklage wurde zwar später fallengelassen, Bock allerdings verboten, weitere afrikanische Asylwerber zu versorgen. Seither organisiert sie private Wohngemeinschaften, die sie selbst finanziert und betreut. Für dieses Engagement wurde sie mehrfach ausgezeichnet. Bei pfiffigen Aktionen wie „Bock auf Bier“, der Handysammelaktion „Bock Box“, „Warmer Punsch gegen Soziale Kälte“ dem Verkauf von „Bock“-T-Shirts und Bierbauchkalendern sammelt Ute Bock Geld für Beratung und Verpflegung von mehreren hundert Asylwerbern in Not, von denen sie 100 in 28 Wohnungen untergebracht hat.
Aufhauser.jpgMichael Aufhauser Der Münchner Grossindustriellensohn mit dem Herz für Vierbeiner ist im besten Mannesalter. Die von ihm beschützen Tiere sind aber mindestens 199 Jahre in seiner Obhut. Das hat der Säugetierfreund testamentarisch verfügt. Nach einem prägenden Erlebnis in Spanien, wo er die Vergasung von Strassenhunden beobachtet hatte, investierte der Bill Gates des Tierschutzes 8 Millionen Euros seines Privatvermögens ins salzburgische Gut Aiderbichl, das er zum feudalen Gnadenhof für 650 Tiere unterschiedlichster Art ausbaute. Aus Schlachthöfen und Zwingern gerettet, von jährlich 200.000 Besuchern gestreichelt, verbringen sie hier auf Freilaufwiesen und Glückskoppeln ihren Lebensabend. Aufhauser rettet Tiere en gros und en detail und gründet Tierrefugien und Wellnessweiden am laufenden Band.
Resetarits.jpgWilli Resetarits Der Bruder von Kabarettist Lukas und Fernsehjournalist Peter kam 1948 im burgenländisch-kroatischen Stinatz zu Welt. In den späten Sixties tingelte er als Sänger der Politrockband Schmetterlinge. Kultstatus erreichte Willi Resetarits mit der von ihm personifizierten Figur des Schlurfrockers Ostbahn-Kurti. Der Moderator von Trost und Rat ist Mitbegründer der Organisationen „Asyl in Not“ und „SOS Mitmensch“ und Erfinder des Integrationshauses Wien. Der fleissige Arbeiter für Menschenrechte und Zivilcourage kämpft gegen Xenophobie und Rassismus. Dabei wurde er nicht nur mit zahlreichen Menschenrechtspreisen dekoriert sondern auch schon mal wegen Aufrufs zur Wehrdienstverweigerung verurteilt.
Jauch.jpgGünther Jauch Der Vater von zwei leiblichen und zwei adoptierten sibirischen Waisenkindern ist der beliebteste Moderator Deutschlands. Vor fünfzig Jahren in eine wohlhabende hamburgische Kaufmannsfamilie geboren, wuchs der vife Günther in Berlin auf, war katholischer Ministrant und mit 19 der jüngste Absolvent der Münchner Journalistenschule. Trotz Bilderbuchkarriere als Fernsehjournalist und Primetime-Showmaster (Wer wird Millionär?) hat der schlaksige Krawattenmann ein Faible fürs Gute. Er spendet nach eigenen Angaben schon seit seinen frühen Berufsjahren maßgebliche Teile seines Einkommens für wohltätige Zwecke, Gewinne aus seiner Werbetätigkeit werden gleich ganz durchgereicht.
Brangelina.jpgBrad Pitt und Angelina Jolie „Brangelina“, das Königspaar des Gutmenschenkitsch inszenieren ihre Fortpflanzung wie eine Reality-Soap. Die Bildrechte an der Geburt der gemeinsamen Tochter Shiloh Nouvel, symbolträchtig ins bitterarme namibische Swakopmund verlegt, gingen für über 7 Millionen Dollar über den Tresen. Das Honorar stifteten die 31jährigen Tochter aus altem Hollywood-Schauspieladel und der 43jährige Middleclass-Beau aus Missouri karitativen Organistationen. Angelina, ehrenamtliche Botschafterin des UN-Flüchtlingskommissariats hat bereits zwei Adoptivkinder, Maddox aus Kambodscha und Zahara aus Äthiopien geborene. Brad plant weitere gemeinsame Adoptionen, a la longue soll ein Kader von 12 Kindern angepeilt sein. Brangelina lassen sich nicht lumpen: „The Jolie/Pitt Foundation“ spendete jüngst eine Million Dollar an das Kinderhilfswerk „Global Action for Children“ und eine weitere Million an „Ärzte ohne Grenzen“. Nach eigenen Angaben spenden Brangelina ein Drittel ihres Einkommens für wohltätige Zwecke.
Boehm.jpgKarlheinz Böhm Der Sohn des Dirigenten Karl Böhm geht mittlerweile auf den Achtiger zu. Der Partner Romy Schneiders in den bittersüssen Sissi-Kitschfilmen machte abseits der Rollen als junges Kaiserlein eine bescheidene Karriere als Charakterdarsteller. 1976, auf Bronchialkatarrh-Kur in Kenia wurde er zum ersten mal mit afrikanische Armut konfrontiert. In der Sendung Wetten dass…? rief er zu Spenden für die Hungernden in der Sahelzone auf und startete eine beispiellose Karriere als Afrikahelfer. Mit seiner Stiftung „Menschen für Menschen“ hat der äthiopische Ehrenbürger seit den Achtzigerjahren rund 230 Millionen Euro Spendengelder akquirieren können und damit 21 Krankenstationen, 2 Polikliniken, tausende Wasserstellen, hunderte Getreidemühlen und Schulen gebaut und 39 Millionen Bäume gepflanzt.
Waris.jpgWaries Dirie Das ehemalige Supermodel wurde vor 41 Jahren in eine somalische Nomadenfamilie geboren. Im Alter von fünf Jahren wurde Waris, auf Deutsch Wüstenblume, dem grausamen Ritual der Beschneidung ausgeliefert. Als Kind arbeitete sie als Ziegenhirtin. Die Zwölfjährige flüchtet erst nach Mogadischu und dann mit einem Onkel, der Botschafter wird, nach London. Wüstenblume lernt Lesen, Schreiben und Modeln und wird 1987 Bond Girl. Auf dem Höhepunkt ihrer Karriere, berichtet sie erstmals über ihre grausame Beschneidung und löst damit ein weltweites Medienecho aus, das seither nicht abreissen will. Waris Dirie tourt als UN-Sonderbotschafterin zum Thema Genitalverstümmelung durch die Welt. Über ihre Foundation Wüstenblume sammelt sie Geld für eigene Projekte in Somalia, Senegal und Sudan.
Sporschill.jpgGeorg Sporschill Der sechzigjährige Vorarlberger Jesuitenpater und Sozialseelsorger gründete zahlreiche Obdachlosenhäuser und das Langzeit-Arbeitslosen-Lokal „Inigo“ in bester Wiener Innenstadtlage. Seit Beginn der Neunzigerjahre baut er im Auftrag seines Ordens und der Caritas ein Betreuungsnetz für Bukarester Strassenkinder und verwahrloste Jugendliche. In einer ehemaligen rumänischen Kolchose entstand die „Farm“, eine lebenswerte Mini-Stadt für 300 verlassene Kinder. Das Vorzeigeprojekt expandierte mittlerweile in andere rumänische Städte und nach Moldawien. Gerade gründet Pater Sporschill SJ das erste von drei Betreuungshäusern für obdachlose Jugendliche und Kinder in der ukrainischen Stadt Schytomyr.
Gates.jpgBill Gates Der König aller Nerds hat nicht nur das dickste Bankkonto der Welt sondern nach eigenem Bekunden auch ein fast ebenso grosses Herz. Von seinem Vermögen von 50 Milliarden Dollar pumpt der Microsoft-Gründer und Herrgott aller Unternehmer prominente Summen in karitative Pools. Aus der „Bill and Melinda Gates Foundation“, 29 Milliarden Dollar schwer, sind bis heute etwa 7,5 Milliarden Dollar Gates’schen Privatvermögens in wohltätige Kanäle geflossen, meist für Impfstoffe und Gesundheitsprojekte in Entwicklungsländern. Bis zu seinem Tod will Gates nach eigenen Aussagen bis zu 95 Prozent seines Vermögens spenden, seinen Kinder will er maximal 10 Millionen zukommen lassen. Aktueller Schwerpunkt der Gateshilfe ist die Bekämpfung der Malaria. die mit 258,3 Millionen Dollar dotiert ist. Kritiker monieren, dass durch Gates Unterstützung für verschärfte geistige Eigentumsrechte die Produktion von Generika erschwert werde und damit für weit mehr Menschen lebensnotwendige Medikamente unzugänglich werden, als durch Gates‘ Stiftung finanziert werden könnten.
©Andrea Maria Dusl für das Standard-Album

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