Stockenten und Samariter

Liebe Frau Dusl,
am vorvergangenen Montag (30.1.2006) um 15.40 ist mir das passiert,
um 18.30 war ich im Krankenhaus. Es stimmt alles was ich Ihnen
anbei schicke und was großteils eigentlich in die Tierecke gehört.
Grüsse Judith Schöbel
  
Liebe Andrea,
als ich joggenderweise unlängst auf der Donauinsel das Laufen
unterbrach um kurz zum Flussufer unterhalb der Wehr (Kraftwerk
Freudenau) zu gehen sah ich ein schwimmendes Stockentenpaar mit
einer etwa einwöchigen Jungente hinter sich. Dies beflügelte meine
Neugier näher zu treten und ich stürzte auf der felsigen mit Eis
überzogenen Böschung, unterhalb rauschte das Steigbächlein, die
Aufstiegshilfe für die Donaufische. Die Enten flogen weg, die
Jungente verschwand unter den Eisschollen und ich saß aufgrund
eines akuten anatomischen Defektes „fest“.
Im Laufe der nächsten
Sitz- Stunde, ich hatte Handy sei Dank sogleich die Rettung
benachrichtigt, konnte ich meine ornithologischen Studien an dem
nebelverhangenen kühlen Flussufer ungestört fortsetzen. (Die
sogleich herbeieilenden edlen Samariter hatten nämlich aus
obrigkeitlich bedingten Logistikproblemen Schwierigkeiten sowohl
meiner Handynummer wie auch meiner Position habhaft zu werden)
Neben Kormoranen, Stockentenscharen, Blesshühnern, Möwen und einem
schwimmenden Säugetier (? Bisamratte, ? Otter) kam schlussendlich
ganz alleine, aber durchaus forsch das kleine Entlein zwischen den
Schollen hervor, tauchte auf und wieder unter und verschwand
schließlich im kalten Nebel.
Kurz darauf erschien über meinem
Uferböschungshorizont die (erste) findige edle Samariterin auf, sah
mich, und fiel der Länge lang hin (ohne Beschädigung!). Liebe
Andrea, mit war nach einstündigem Sitzen bei ca -3 bis -5° zwar nur
ein bisschen kalt geworden aber wie macht das die kleine Ente?
Hat`s die im Wasser wärmer als ich (+4 °?) und sind Daunen wirklich
so warm? Mich hat die wunderbare Sportbekleidung einer
ornithologisch orientierten Sportfirma aus Oberösterreich über die
erste Stunde recht warm gehalten.
Die drei lieben Samariter konnten mich aufgrund des Glatteises und
der steilen Fels- Böschung nicht zu ihrem Wagen bergen und
forderten ihrerseits die Feuerwehr an. Da allmählich die Dämmerung
ausbrach und ich eingewickelt in Aludecken und Decken langsam zu
zittern begann und auch die tröstenden Samariter allmählich vor
Kälte klapperten, erkundigte ich mich nach Ihrem späten Erscheinen
auf dem topographisch doch eindeutigen Unfallsort (Donauufer
unterhalb der Wehr Freudenau, doppelte Hochspannungsleitung,
Schiffahrtsmarkierung „5“, Mündung des Steigbaches in die Donau).
Darauf klagten die Samariter sie hätten leider keine Karte auf der
diese Dinge eingezeichnet wären eine solche hätte nur die
Feuerwehr, sie hätten ja gerne solche Karten. Im Nebel fänden Sie,
die Samariter dann halt nix, wir hatten uns schließlich durch
Folgetonhorn, Handy und meine Rufe verständigt.
Warum liebe Andrea, warum hat uns dann aber die Feuerwehr fast eine
ganze Stunde warten lassen wo die doch so eine Karte hat und nicht
einen einfachen Strassenplan? Die Samariter zweifelten allmählich
an meiner intakten Körpertemperatur, maßen nach, aber das
Fieberthermometer gab in der Kälte seinen Geist auf. Schließlich
kamen die zünftigen Feuerwehrmannen und im Rettungswagen hab ich
immer noch stattliche 35, ° gehabt (ein altes
Quecksilberthermometer funktionierte).
Mein beidseitiger Knöchelbruch konnte im SMZO um Mitternacht operativ
top versorgt werden. Dank der Kälte blieb der Fuß fast ohne Schwellung und den
kundigen Unfallchirurgen boten sich beste  Basisbedingungen, auch
Schnupfen hab ich keinen.
Bitte liebe Andrea warum kriegen die sehr fleissigen, wirklich
edlen, aber so armen Samariter keinen Plan wie ihn die Feuerwehr
hat ? Und ist Feuer edler als Eis? Gibt es Jungenten im Jänner?… so
viel ornithologische und topo- logistische Irritationen.
 
Viele Grüße,
Deine Elisabeth

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