Der Spucker

Johnny-Cecotto.jpgLiebe Frau Andrea, als Liebhaberin ihrer Kolumne muß ich mich nun auch einmal an sie wenden. Warum spucken seit einiger Zeit fast alle? Leute spucken aus den Fenstern, auch direkt vor die Füße wird einem gespuckt. Meist sind’s Männer, aber auch Frauen hab ich schon gesehen. Natürlich wurde immer gespuckt, aber so massiv wie heute noch nie. Woher kommt diese „Mode“, fragt Regina Targyik, 1230 Wien
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Liebe Regina, als ich noch teenagete, verkehrte in unserem Häuserblock, also eigentlich um unseren Häuserblock der sogenannte Spucker. Alles am Spucker war frisiert. Seine weissgelben Schnittlauchlocken wurden viertelstündlich frisiert, mit einem Aluminiumkamm, der nach Futkarliart mit dem Stiel nach oben in seiner hinteren Hosentasche steckte. Frisiert war auch sein Eisen, ein knallrotes, aufgebohrtes Postlermoped, mit dem der Spucker böse Runden um den Häuserblock glühte und sich dabei gewiss fühlte wie Johnny Cecotto in Monza. Die Zeiten, die der Spucker für den Häuserblock Schrey-, Nestroy-, Leopolds- und Adambergergasse brauchte, stoppte sein Haberer, der Pepperl, der Installateur lernte und auch ein lautes Puch-Moped hatte, das bei seiner Mutter in der Erdgeschoss-Küche garagiert war und das auch dort gezangelt wurde. Der Spucker war von kleiner Gestalt und sass nach Art der Apachen in der Ritze zwischen Tank und Sitzbank. Daß der Spucker spuckte wie ein Lama, versteht sich von selbst.
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Liebe Frau Andrea!
Jawoooooiiiii! Ich glaube den Spucker zu kennen – d.h. diesen Typus! Was ich aber nicht kenne: Was ist denn bitte „zangeln“ und v.a. „nach Futkarliart“? Bitte klären Sie schnell auf!
Mit treuen Grüßen aus der Brigittenau: Dominika

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Liebe Dominika, zangeln ist ein wienerischer Ausdruck für das Basteln mit Schrauben und Metall. Herumbasteln an Mopeds ist also „Zangeln“. Der Futkarlismo bezieht sich nun nicht auf des Spuckers Zangelein, denn der hätte beim Zangeln mit Pepperls Mopeds alles im Sinn, sicher nicht jedoch das Geschlechtsteil einer prospektiven Freundin. Futkarli ist vielmehr ein ebenfalls tiefwienerischen Ausdruck, dem vom frühen Manfred Deix mit einer Cartoonserie im FORVM gehuldigt wurde. Der Held der Serie, die von Lada gesponsert wurde, hiess – wir ahnen es: Futkarli. Die Serie selbst – wir ahnen es abermals: „Futkarlis Abenteuer“. Auch Deix‘ Futkarli hatte den Alukampl in der hinteren Hosentasche stecken. Ob auch er spuckte, daran kann nicht mehr erinnern.

3 Gedanken zu „Der Spucker“

  1. Liebe Frau Andrea!
    Jawoooooiiiii! Ich glaube den Spucker zu kennen – d.h. diesen Typus! Was ich aber nicht kenne: Was ist denn bitte „zangeln“ und v.a. „nach Futkarliart“? Bitte klären Sie schnell auf!
    Mit treuen Grüßen aus der Brigittenau: Dominika

  2. Meine Erläuterungen beschreiben die „Johnny-Cecotto“-Ära. In den frühen 70ern gab es kein Jogging. Damals gab es aufgebohrte Mopeds und Futkarlkämme.

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