Russischer Tee

Erschienen in „Falter“ Nr. 43/04 vom 20.10.2004 Seite: 75.

Liebe Frau Andrea,

ich trinke gerne schwarzen Tee mit Milch und versuche dieser Leidenschaft in Wirtshäusern und Cafés zu frönen – meist mit geringem Erfolg. Nach Fragen, welchen Tee ich denn wünsche, bin ich meist ratlos. Früchtetee mag ich nicht, und was, bitte, ist „russischer“ Tee? Lauwarmes Wasser und englische Säckchen aus Sri Lanka oder Indien? Haben die Russen diesen Tee nach Wien gebracht so wie die Türken den Kaffee?

Vielen Dank für die Mühe, Dieter, Internet

Samowar.jpgLieber Dieter,

1638 schenkte ein mongolischer Fürst Zar Michael Romanow sechzig Kisten Tee. Das aromatische Getränk war bei Hof schnell „le dernier cri“ und wurde bald darauf in großen Mengen mit Karawanen von China nach Russland transportiert. Mitteleuropa bezog asiatischen Tee vor allem aus Russland, daher der Name. Russisches Teewasser, „Kipyatok“, wird traditionell in Samowaren zubereitet. Diese Teekessel haben Aufsätze, auf die kleine Kannen für „Zavarka“, Teekonzentrat, gestellt werden. Die Zavarka zieht einige Minuten. Dann wird das, unverdünnt stark narkotisierende, Konzentrat mit dem im Samowarkessel brühenden Wasser nach Belieben gemischt. Russischer Tee wird in Gläsern serviert, die in kunstvoll verzierten Metallhaltern stehen, so genannten Podstakanniks. Russen versüßen Tee mit Zucker oder einem Löffel Marmelade, der vor dem Trinken in den Mund genommen wird. Gelegentlich wird auch Zitrone gereicht, Milch ist dagegen unerwünscht. Diese Sitte wäre in England üblich.

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