Millionenshow

Es gibt die Millionenshow – für Normalos, und die Promi-Millionenshow – für Promis. Das ist zuwenig. Was ist mit Millionären und Milliardären? Die haben keine Show? Ich schlage also die Millionärs-Millionenshow, und die Milliardärs-Milliarden-Show vor. Eventuell sogar die Milliardärs-Billionenshow. Halt mit einfacheren Fragen und mehr Hilfe vom Moderator. Als Telefonjoker Minister, Landeshauptleute und Bundeskanzler. Wie im echten Leben auch.

Das Wörterbuch der neuen Wörter

Neue Zeiten bringen neue Wörter. Begriffe werden umgedeutet, andere verschwinden. Die Autorin und Zeichnerin Andrea Maria Dusl hat eine kleine Liste gemacht. Und ein Schaubild.

Dieser Text ist ein Teil einer ressortübergreifenden Serie des STANDARD zum Thema Sprachwandel.

https://www.derstandard.at/story/2000126824641/pandemie-bereichert-sprache-das-woerterbuch-der-neuen-woerter

A
Ampel: Jede blendende Idee ist in Österreich immer auch eine blede Idee.

Angst: Die einen haben Angst vor Corona, die anderen Angst vor Masken. Dazwischen: die Nasenraushänger.

B

Babyelefant: Das Haustier von Rudi Anschober und Karl Nehammer ist längst entschlafen. Das putzige Rüsselkind war immer nur ein Phantasma, sagen die Babyelefantologen der Universität Trippstrill, eine Art Bigfoot. Niemand habe den Babyelefanten jemals angetroffen.

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Eingeladen, ausgeladen.

Ich bin übrigens schon zweimal von einer Talkshow im Staatsfunk wieder ausgeladen worden. „Terminschwierigkeiten“ sagten sie, und „wir melden uns wieder“. Hat niemand eine große Soliaktion draus gemacht. Ich übrigens auch nicht. Ich finde das ganz normal. Das Fernsehen gibt es, das Fernsehen nimmt es.

Dietmar Steiner, Laudatio

Dietmar Steiner, von 1993 bis 2016 Direktor des Architekturzentrums Wien, österreichischer Architekturpublizist, Architekturhistoriker und Architekturkritiker ist am 15. Mai 2020 verstorben.

Anlässlich der Verleihung des Goldenen Verdienstzeichens des Landes Wien am 6. Dezember 2017 hielt ich im Wiener Rathaus eine Laudatio auf Dietmar Steiner. „Zahlreiche Persönlichkeiten aus Politik und Kultur waren gekommen, um bei der Feierstunde dabei zu sein“,  berichtete die Rathuaskorrepondenz, „allen voran Bürgermeister Michael Häupl, Vzbgm. Maria Vassilakou, StR Michael Ludwig, EU-Abg. A. D. Hannes Swoboda, Christian Oxonitsch, Heide Schmidt, Rektor Gerald Bast, Angelika Fitz, Direktorin Az W, Fritz Achleitner, Walter Gröbchen uvm.“


Laudatio auf Dietmar Steiner

Goldenes Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien
Andrea Maria Dusl, 6. 12. 2017

Magnifizenzen und Exzellenzen,
Brüder und Schwestern,
Damen und Herren,
Freundinnen und Freunde!
Lieber Dietmar!

Welches wäre der ideale Ort, jemanden kennenzulernen, der alles über das Ideal weiß, und alles über Orte? Wo und wie würde man sprechen über das Unaussprechliche, über sich selbst? Diese Fragen spiegelten sich in uns, als wir einander trafen, um über Dietmar Steiner zu sprechen. Dietmar Steiner und ich.

Im Versuch den idealen Ort zu bestimmen, trafen wir einander also in einem Hotel. Kein Ort wäre und war idealer als der unideale Unort. Das Hotel. Dietmar Steiner kam aus seiner Wohnung angereist, ich aus meiner. Nicht das Kaffeehaus war unser Treffpunkt, obwohl es Wien war, wo wir uns trafen, nicht sein Büro, nicht mein Atelier. Ein Hotel. Am Fluss. Das Intercont. Das mit dem Luster. Das mit der Legendenbar. Die Absteige für Präsidenten. Der Riegel in der weltkulturerblichen Blickachse.

Im Niemandsland der Hotellobby des Intercont trafen einander Steiner und ich, weil es ein Niemandsland braucht, um alles zu besprechen.

Die Aufgabe war nicht leicht. Die Aufgabe war schwer. Ja unlösbar. Und weil sie schwer war und unlösbar, geriet sie leicht und wurde lösbar. Die Aufgabe war ein Film über Dietmar Steiner. Wir haben einen Film gemacht, Dietmar Steiner und ich, einen Film über Dietmar Steiner. Wer je einen Film gemacht hat, kennt das Dilemma: Man kann nur Filme über sich selbst machen. Also musste ich zu Dietmar Steiner werden. Das sollte gelingen. Aber konnte es gelingen?

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Kunst, Kultur, Verderben

Es wird immer von den Kulturschaffenden gesprochen, als wären das Außerirdische. Kulturschaffende sind wir alle. Vom Würstelmann bis zur Staatsekretärin, von der Supermarktkassiererin bis zum Galeristen in Stein. Alle schaffen Kultur. Sprache, Rituale, Arbeit, Sport und Spiel, das ganze verdammte Dasein ist Kultur.
Was die Verderber von Sprache und Dasein meinen, wenn sie von „Kulturschaffenden sprechen, sind Künstlerinnen und Künstler. Die sind die Ausserirdischen. Weil sie Dinge schaffen, die vorher nicht in dieser Welt waren.
Andrea Maria Dusl, 16. Mai 2020

Urbi et Orbán

Kann mich noch gut an den Gulaschkommunismus erinnern. War nicht lustig dort. Alles rostig. Alle litten und hatten Angst vorm sowjetischen Russen und Wut auf den Apparatschik und sehnten sich nach Freiheit. Aber dann schoss die große Aufregung in Dissidenten, Dichter, Denker, Künstler. Alle waren ganz aus dem Kabinchen und die Denker schmettern Gedichte in die Mikrophone. Juhuidi! Éljen! Her mit der Demokratie! Maygarhilferstraße. Leuchten in den Augen. Konsum! Westen! Markt! Freiheit! Videorekorder! Jetzt Orbán. Man verstehe diese Leute. Ich tue es nicht. Haben die jetzt wieder Sehnsucht nach dem Gulaschkommunismus? Nach Rost und Unfreiheit?

Und damit das nicht zu magyarisch bleibt, ähnliches läuft hier ab. Nur ist unser Gulaschkommunismus der Ständestaat.

Zumutung

Als Zumutung empfindet der gelernte Österreicher ausschließlich Unzumutbares. Oder umgekehrt: Zumutbares wird als Unzumutbarkeit empfunden, im Rahmen von Selbstverzwergung und Bückdienerschaft aber in den ungefährlichen Vorwurf der „Zumutung“ gekleidet. Die Eskalationsempfindung der „Zumutung“ ist die „absolute Zumutung“. Diese hingegen ist realativ. Relativ relativ, wie angemerkt werden muss.

AMD, 17. März 2018, Schneefall.

Staatstreich

Österreich hat keinerlei Expertise auf dem Feld. Eigene Staatsstreiche wurden weder erfolgreich durchgeführt, noch erfolgreich verhindert. Es darf daher nicht wundern, dass der Staatsstreich noch immer zu den Phantasien gehört, denen sich Österreich insgeheim hingibt.

AMD, 10.3.2018

Zukunft

Die Zukunft wurde in Österreich im Rahmen gesellschaftlicher Vorgänge in die Vergangenheit verlagert. Die verschiedenen politischen Lager haben sehr unterschiedliche Vorstellungen über das Wesen von Zukunft und noch mehr über Maßnahmen, die Zukunft aus der Vergangenheit wieder zurückzuholen. Die Sozialdemokratie, einst Alleininhaberin der Idee „Zukunft“ hat irrationale Ängste vor einer Wiederinstallierung derselben: „Da könnt ja jeder kommen!“ In dieses Handlungsvakuum stoßen rechte Kräfte vor, die ihre gesellschaftlichen Konjunkturen aus der Vergangenheit in die Zukunft katapultieren möchten. In diesem Gefecht geht eine weitere Zeit unter: Die Gegenwart.

Der ganze Film

Ich kann den ganzen Film sehen. Den ganzen. Und darüber hinaus. Wie einen Traum. Und ich kann in dem Traum herumgehen. Das Filmschreiben und das Inszenieren ist nur das Nacherzählen von Erlebnissen, die ich in diesem Traum gehabt habe. So geht Film. Supper’s ready.

AMD, FB, 5. Januar 2018 18:55

Das österreichische Schlawinertum

Aus einem Protokoll vom 12. Sept. 2012:

Andrea Maria Dusl: glaubt, dass das beschriebene österreichische Schlawinertum nicht der gesellschaftliche Konsens sei, sonst würde es uns nicht aufwühlen. Sie meint, in der Gesellschaft finde so etwas wie Bürgerkrieg der Moralbegriffe statt.