Die österreichische Aufgabe

„Wir werden uns noch wundern, was alles geht“ lautet einer der zentralen Merksprüche des Landes, geprägt vom freiheitlichen Fastpräsidenten Norbert Hofer. In der Realverfassung Österreichs entspricht jeder Aussage auch sein Gegenteil, im vorliegenden Fall sogar zwei davon: „Wir werden uns noch wundern, was alles nicht geht“, und, vielleicht öfter gültig: „Wir werden uns nicht wundern, was alles geht“. Wunder kommen also und gehen, oder sie kommen nicht und bleiben. Eines dieser Wunder ist gerade passiert, und wir reiben uns gerade noch die Augen. Die einen von uns aus Freude und politischer Trunkenheit, die anderen aus Ernüchterung, aufgewacht in befürchteten Verhältnissen.

Eine Stimme hören wir in solchen Zeiten oft, es ist jene des amtierenden Bundespräsidenten (das Amt ist eines der wenigen, das noch nicht gegendert wurde), begleitet von den Einschätzungen und Bemerkungen emeriterter Vorgänger. Begriffe zirkulieren wieder, die mit den Kompetenzen der höchsten Instanz des Landes verbunden werden – „Sondierungsgespräche“, „Demokratische Spielregeln“, „Tapetentür“, „Vier-Augen-Termin“. Wir sollten uns auch nicht wundern, medial viel Personengeschichtliches aus der Hofburg erinnert zu bekommen – die einsame Gebücktheit des Reitersmannes Kurt Waldheim, die verbitterte Strenge des Erdbergers Thomas Klestil, die Schönwetterlaune von Stehfrisurmodell Heinz Fischer. Der graugrüne Nikotinist Alexander van der Bellen hat realpolitisch überhaupt ein Novum eingeführt: Die Expertenregierung.

Es erwächst die Frage, wieso Regierungen nicht generell mit Experten gebildet werden.

Andrea Maria Dusl. Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten am 12. Oktober 2024.

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