Guter Guide zu Guido/Gido

Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‘ in Falter 28/2024 vom 10. Juli 2024

Liebe Comandantina,
warum hat Guido in der Aussprache sein „u“ verloren und wann ist das passiert? Soviel ich mich erinnere, trug im vergangenen Jahrtausend noch jeder Guido stolz sein „u“ in der Aussprache. Irgendwann ist der Guido aber zum Gido geworden. Und warum lässt man beim Schreiben das „u“ nicht einfach weg, wenn es keiner mehr mag?
Josef Dollinger, Peking (früher Beiping, dann Peiping, jetzt auch Beijing)

Lieber Josef,

Angehörige der Boomer-Generation erinnern sich noch an die heitere Beruf-Erratesendung „Was bin ich?“, moderiert vom gemütlichen Bayern Robert Lembke. Einer der Rateonkel war der Schweizer Guido Baumann. Als „Giido“ wurde im gesamten deutschsprachigen Fernsehgebiet weltberühmt. Diese sehr deutsche Aussprache des Vornamens Guido stand in krassem Gegensatz zu meinen eigenen, österreichisch geprägten Volkschulkerfahrungen. Zwei Bänke hinter mir saß ein italienisch ausgesprochener Guido, mit unverschlucktem „u“, der Bruder meiner Sitznachbarin im Gymnasium hieß ebenfalls Guido mit „u“.

Die meisten von uns halten Guido für einen italienischen Namen. Das ist nicht ganz falsch, aber auch nicht ganz richtig. Die Sprachwissenschaft leitet Guido vom germanischen Namen Wido oder Wito, einer Verkleinerung von Withold ab, das in der Völkerungszeit die lombardischen Namen Guidobaldo und Guidalberto erzeugte. In Guido/Wito steckt das althochdeutsche „Wit“ (auch Wid, Widu wie in Widukind) mit der Bedeutung Wald. Die französische Form „Guy“ wurde von den Normannen nach England gebracht, wo 1605 ein gewisser Guy Fawkes mit dem Versucht, das englische Parlament in die Luft zu jagen, zweifelhafte Berühmtheit erlangte. Eine andere Etymologie leitet Wito/Wit über das altfranzösische guider (führen, leiten), das fränkische *witan (den Weg zeigen), das protogermanische *witanan (aufpassen, bewachen) aus der protoindoeuropäischen Wurzel *weid- (sehen) ab. Daraus sei schließlich das englische Guide (Führer) entstanden.

Journo-Haudegen der 9oerjahre erinnern sich noch an den “Guide“, eine Programmbeilage des Nachrichtenmagazins profil. Branchenintern „Guido“ genannt. Guido mit „u“.


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