Wieviel Brat steckt im Rabenbratl?

Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‘ in Falter 37/2024 vom 11. September 2024

Liebe Frau Andrea,
der lesenswerte Artikel in Falter [31] über Brat ließ mich spontan an den Ausdruck „Robnbratl“ (Rabenbraten, verniedlichend) denken, der in meiner Jugend von Eltern und Großeltern gebraucht wurde für Mädchen, die sich zwar nicht „wie es sich gehört“ verhielten, deren Verhalten aber trotzdem belustigte Anerkennung fand. „So ein Robnbratl“, hieß es dann. Wo kommt der Ausdruck Robnbratl her? Kann es sein, dass an der Assoziation mit dem modernen Brat etwas dran ist? Und überhaupt: Was wäre eigentlich die korrekte Mehrzahl von Brat im ersten Satz? Brats, Braten, BratInnen?
Danke für ihre Gedanken,
Karin Rumpelsberger, Ü50, via Email

Liebe Karin,

Brat (soviel wie „Göre“) ist das sechste, Anfang dieses Sommers veröffentlichte Studioalbum der britischen Sängerin und Songwriterin Charli xcx. Die Etymologie des englischen Ausdrucks ist noch nicht hinreichen geklärt. In den frühesten Verwendungen ab 1500 bezieht sich der Begriff brat, Mehrzahl brats eher auf ein ungewolltes oder ungeplantes Kind als auf ein bestimmtes Verhalten. Brat unterscheidet sich vom Bastard dadurch, dass ein verheiratetes Paar ein brat haben kann.

Ist das englische brat das Brat aus unserem Rabenbrat(l)? Wahrscheinlich nicht. Mit den aasfressenden Raben verbindet die Volksseele wenig Erfreuliches. Ihnen wird nach mittelalterlicher Vorstellung nachgesagt, ihre Jungen aus dem Nest zu werfen, weil sie zu faul sind, diese zu füttern. Das hat sich in Ausdrücken wie Rabenmutter, Rabenvater, Rabeneltern, Rabentochter, Rabensohn, Rabenkind für hinterhältige, gewissenlose, faule Menschen niedergeschlagen, und in Rabenvolk und Rabenzucht für Gesindel und Verbrecher.

Beim zweiten Wortbestandteil von Rabenbrat(l) ist weniger an den Braten (in der Röhre) zu denken, als an das alte, nur mehr selten benutzte „Brad“, „Brät“, mhd. brât, das faschierte (rohe) Fleisch für die Wurstfülle, das ursprünglich Fleisch und Weichteile am Körper bezeichnete. Nicht unwahrscheinlich, dass es sich mit Brut (wie in Rabenbrut) zur heutigen Bedeutung vermischt hat. Demnach wäre Rabenbrät synonym mit Rabenaas, das faulige, aasige Fleisch, von dem sich Raben und ihre Brut ernähren.


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