Wie lustig is a Hetz?

Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‘ in Falter 31/2024 vom 31. Juli 2024

Liebe Frau Andrea,
woher kommt der Begriff „a Hetz haum“, wenn man Spaß oder Gaude hat? Hat es was mit dem Wort hetzen/Hetze zu tun?
Mit freundlichen Grüßen,
Susanne Göschl, per Email

Liebe Ingrid,

das Wienerische kennt eine Reihe von Begriffen für die Belustigung. Die Gaudé von lateinisch gaudium (Freude), den Jux, von lateinisch iocus (Scherz), den Gschbás (Spaß), von italienisch spasso (Vergnügen), und den berühmten Kóal, Karl, der fälschlicherweise dem Volkstheatermann Carl Carl angedichtet wird, tatsächlich aber von jiddisch Kol, Qol (Stimme, (An-)Sprache) kommt, das sich in Deutschland im Ausdruck „Kohl zu reden“, also „Unsinn von sich zu geben“ verfestigte.

1699 veranstaltete der Wiener Fleischhauer Zacharias Donat Tierkämpfe mit Ochsen und Bären, 1708 wurde holländischen Handelsleuten die Abhaltung von wilden Tierjagden außerhalb der Leopoldstadt gestattet. 1720 übersiedelte die Veranstaltung in ein hölzernes Gebäude im Hof des Gasthauses „Zum schwarzen Adler“ in der Taborstraße. Im gleichen Jahr wurde dem Josefstädter Wirt Johann Reuther die Veranstaltung von Kämpfen mit Ochsen und Hunden bewilligt. 1735-1743 wurde am Heumarkt in der Vorstadt Landstraße ein Freilufttheater für Tierkämpfe betrieben, deren hohe Abgaben wohltätigen Zwecken zuflossen. Das bekannteste Etablissement für solche Spektakel betrieb der Franzose Carl Defraine. Er errichtete 1755 am Glacis vor der Weißgerbervorstadt ein kreisrundes, im Erdgeschoß gemauertes Amphitheater, mit drei hölzernen Logenrängen für an die 3.000 Zuschauer. In der Mitte der dachlosen Arena stand ein hoher Steigbaum, auf den sich die „Dompteure“ retten konnten, wenn ihnen die Tiere zu nahe kamen. Mit Hilfe von scharfen Hunden wurden Auerochsen, Bären, Hirsche, Luchse, Stiere, Wildschweine, Wölfe, und sogar Löwen und Hyänen auf einander losgelassen. 1796 brannte das Tiertheater ab und wurde über Anordnung Franz‘ II. (der Tierkämpfe verbot) nicht wieder aufgebaut.

Jahrzehnte der Belustigungen im sogenannten „Hetztheater“ (von jagdsprachlich Hatz, Hetze) hab den altwiener Ausspruch „Des woa a Hetz!“ für jegliche Form der Großbespaßung geprägt.


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