Gesundes über den Krankensessel

Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‘ in Falter 16/2024 vom 17. April 2024

Liebe Frau Andrea,
im Zuge eines unguten Infektes habe ich mich daran erinnert, dass ich in meiner Kindheit (bin Jg. 62) für kranke Menschen ganz oft den Begriff „Krankensessel“ gehört habe. Beispielsweise von meinen Großeltern, durchaus in liebevollem Ton: „Du armer Krankensessel!“ Jetzt stellt sich mir die Frage, welcher Zusammenhang zwischen Marodsein und einer Sitzgelegenheit besteht, bzw. warum das eine Bezeichnung für einen Menschen ist. Über eine Antwort wäre ich hoch erfreut!
Mit herzlichen Grüßen,
Dagmar Fuchs, per Email

Liebe Dagmar,

als Angehörige der selben Erlebniskohorte kenne ich den Begriff ebenfalls aus meiner Kindheit. Im Kindergarten wurden krankheitshalber Abwesende als „Krankensesserl“ bezeichnet. Im Sitzkreis wurde ein leerer Kindersessel aufgestellt, was in der Remineszenz etwas spooky anmutet. In Infektionswellen fielen Sätze wie: „Heute haben wir aber viele Krankensesserl!“. Sehen wir uns die Genese des Begriffs an. Auch unsere bundesdeutschen und Schweizer Nachbarn kennen den Krankensessel, ein mittlweile historisches Möbel, einem Ohrensessel nicht unähnlich, in dem sitzfähige Kranke und Gebrechliche tagsüber der Gesundung harrten, mitunter auch ein kleines Nickerchen machen konnten. In der Literatur sehen wir Konjunkturen des Begriffs nach großen kriegerischen Ereignissen. Vor 1785 existiert der Begriff nicht, ähnliche Sitzgelegenheiten hießen „Ruhestuhl“. In Österreich (und nur hier) ist der Krankensessel zum Synonym für den Kranken selbst geworden.

Aus deutscher Perspektive ist ungeachtet dessen verwirrend, dass in Österreich auch Stühle traditionell als Sessel bezeichnet werden. Gilt doch jenseits des Weißwurstäquators als Sessel immer das größere, vornehmere, prächtigere oder bequemere Möbel. Möglicherweise hat in Österreich die Zweitbedeutung von „Stuhl“ sprachlichen Druck erzeugt und Präferenzen für „Sessel“ etabliert. Der mobile Toillettensessel mit Loch in der Sitzfläche heißt hierzulande aber noch ganz und gar unprosaisch „Leibstuhl“. Moderne Usancen in der Pflege werden den Begriff Krankensessel weiter erodieren.

Den Generation X, Y, Z und Alpha sagt er ohnedies nichts.


comandantina.com
dusl@falter.at
@comandantina.bsky.social

Ein Gedanke zu „Gesundes über den Krankensessel“

  1. Uuuuuhps 🙁
    Meine vielfach geschätzte
    > Comandantina ist auf Bluesky
    ???

    Weil leider hinter Bezahlschranke, ein paar Auszüge der Wortspende von …

    Speziell bei Bluesky hat sich aber eine sozial schwierige Neidgesellschaft eingefunden, die strikte Moralregeln kennt und offensichtlich mit Argusaugen überwacht, was bei Instagram an Lebensfreude gezeigt wird. Alles, wirklich alles kann, das hat man in diesem Fall gesehen, gegen die Opfer verwendet werden, die in ein, zwei Punkten weniger rein als der Rest sind …

    Denn die Ursache, dass sich diese Damen nun alle auf Bluesky wiederfinden, ist der Kauf von Twitter durch Elon Musk und die folgenden Absetzbewegungen der früheren linken Shitmobs. Die konnten sich lange nicht entscheiden, ob sie, wie von Jan Böhmermann vorgeschlagen, zu Mastodon wechseln sollten. Oder ob sie, wie von Marina Weisband empfohlen, Twitter brennen lassen …

    Aber mit der Rückkehr von Trump gilt Erfolg nicht mehr als peinlich und moralisch falsch, und Diversity nicht mehr als Garant für Gewinne und mehr Kundschaft. Man muss das nicht mögen. Aber das werden die wirtschaftlichen Regeln sein, nach denen die Plattformen spielen. Und mit ihnen alle, die Woke für sinnlose Geldverschwendung, den Weg in die Habeckinsolvenz oder peinlich halten. Wer das nicht will, muss zu Bluesky oder Mastodon …

    Quelle:
    https://www.welt.de/kultur/deus-ex-machina/plus255166712/Moralweltmeister-Deutschland-Superprall-im-Grill-Royal.html

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