Wie riechen tausend Rosen?

Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‘ in Falter 8/2024 vom 21. Februar 2024

Liebe Frau Andrea,
Tante Helly ist in unserer Familie verlässliche Quelle für Wiener Dialektausdrücke und althergebrachte Besonderheiten der deutschen Sprache. Immer wieder verwendet sie in einem Zustand leichter Verärgerung den Ausdruck „Tausend Rosen“. Auf der Suche nach Deutung komme ich nicht weiter, als dass zu viel des Guten eben nicht immer gut ist. Und die Zahl 1000 führt nur direkt zur Assoziation der finstersten Zeit deutscher Geschichte.
Ich hoffe, die wahre Herkunft ist eine freudig-komische, damit ich den Ausdruck auch endlich in meinen Sprachgebrauch aufnehmen kann.
Vielen lieben Dank im Voraus für Ihre Expertise!
Katharina Kohlen, per Email

Liebe Katharina,

die von Ihrer Tante Helly bewahrte Redewendung gilt als Ausdruck der Ablehnung oder der Gleichgültigkeit gegenüber einem Geschehen, einer Tatsache, einer Person. Die Mengenangabe tausend verwenden wir, wenn in Floskeln eine große Anzahl bezeichnet werden will, wenn etwa in „tausend Zungen gepredigt“ wird, oder jemand (aus Angst) „tausend Tode gestorben“ ist. Nach dem Essen sollen wir bekanntlich ruhen oder „tausend Schritte“ tun. Wer sich aufregt, ist sprichwörtlich gesehen, bald „auf tausend“. Das Wienerische kennt die „tausend Rosen“ gut, besser aber das dahinter verborgene, ganz gegenteilige Abgangsgeschenk. In der Abfälligkeit über eine Person oder eine Sache genehmigt sich das Wienerische traditionell den Ausdruck „Tausend Schas!“ (die Kiloflatulenz). Die Rosen (und ihr Duft) sind also nur das Hüllwort für den diffamierend gebrauchten, sprachlich oder körpertechnisch gesetzten Darmwind.

In der Zusammenschau dieser Ergebnisse darf nicht fehlen, auch die Tausendzahl selbst zu demaskieren. Wir alle kennen die flapsige, etwas angejährte  Redewendung „Ei der Daus“, eigentlich „Ei der Tausend“, gebräulich in Ausrufen wie „Ei der tausend, das ist aber eine schöne Überraschung!“ oder „Ei der Tausend, wo kommt denn das plötzlich her?“ Hier steht das „Ei“ für „ah“, „oh“, „uh“, die primäre Interjektion, als Ausdruck des Erstaunens und „Tausend“ verhüllend für den Teufel.

Tausend Rosen!

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