Sakra und andere wilde Sachen

Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‘ in Falter 47/2023 vom 22. November 2023

Liebe Frau Andrea,
mein vor ein paar Jahren verstorbener Opa pflegte als Ausruf von Ärgernis stets „Sackara“ zu rufen. Eine kurze Online-Recherche meinerseits lieferte leider keine Ergebnisse. Vielleicht haben Sie ja die Auflösung parat? Meine Mutter meinte, es würde wohl etwas mit sakral (heilige Sch*#*$, heiliger Bimbam, etc.) zu tun haben? Freue mich auf eine Antwort 🙂
Liebe Grüße,
Florian Pukal, per Email

Lieber Florian,
wenn etwas misslingt, wenn uns Unschönes widerfährt und Unbill die Gestade unseres Seins erreicht, greifen wir zum Fluch. Im säkularer Hinsicht haben sich moderne Anglizismen wie „fuck“ (Fick) und „shit“ (Scheiße) etabliert. Frühere Zeiten, die noch nicht dem Hegemon der Geschwindigkeit ausgeliefert waren, fluchten länger und ausgiebiger, in der Regel auch poetisch. Die Generation unserer Eltern, Großeltern und Urgroßeltern griffen im Fluchfalle zu Ausrufen wie „Fixnoamal“, „Zefix“ und „Hardex“ – die Reihe kann lange und blumig fortgesetzt werden. Die Ausrufe, in denen wird die Silbe „fix“ hören, [verwenden zwar das lautmalerische Tabuwort „fick“], kommen aber vom katholischen Wort Kruzifix (von lateinisch cruci fixus, ans Kreuz geheftet), das den leidenden Christus bezeichnet. Der Fluch war wohl ursprünglich eine Anrufung und keine durch Verkürzung verhüllte Invektive. In diese Kategorie fällt auch das von Ihnen mitgebrachte „Sackara“, eigentlich „Sakra“. Wie Ihre Frau Mama sehr richtig vermutet, kommt es ebenfalls aus dem Lateinischen, vom Adjektiv sacer/sacra/sacrum (heilig, geweiht). Schon in der polytheistischen Antike hatte das Wort auch eine ins Gegenteil schlagende Nebenbedeutung, sobald etwas einer unterirdischen Gottheit zur Vernichtung geweiht war, kennzeichnete es das Verfluchte, Verwünscht und Abscheuliche.

Wem der gekreuzigte Jesus und das Heilige zu katholisch sind, darf zum Wienerischen Hardek, Hardex (tirolerisch Hardigatti) greifen. Es kommt aus dem fluchtechnisch hoch versierten Ungarischen. „Ördögatta“ ist dort die Ausgeburt des Teufels. Heute milde Schimpfworte, waren das früher mittelschwere Beleidigungen. Die schweren Kanonen „teremtette“, gar „bassza teremtette“ – „der Kreator“, das heißt Gott, „soll seine Kreatur ficken“ sind ausgestorben.

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Ein Gedanke zu „Sakra und andere wilde Sachen“

  1. Sehr geschätzte Frau Andrea,
    ich lese Ihr Kolumne mit großem Genuss und lerne ständig Neues dabei!
    Heute kann ich zur Ergänzung Ihres dieswöchigen Beitrags zu den Schimpfwörtern eines beitragen, das ich von meinem Mann – einem Ur-Einwohner des Innviertels – gelernt habe, und das auch schon unsere Enkelkinder zu Lachsalven verführt:
    „HümmeHerrgottZakramentCefixHallelujaMilecktsamOarschScheißGlumpverreckts“
    Das Innviertel ist ja für seine deftige Sprache in vielerlei Hinsicht berühmt-berüchtigt. Der Innviertler Dialekt gehört in die bayrische Sprachgruppe. Möglicherweise ist der Ausdruck ja auch aus Bayern, meint mein Mann. Vielleicht können Sie diesem Aspekt auch einmal eine Spalte widmen.
    Mit respektvollen Grüßen
    Christa Renoldner

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