Saisonlegende Badewaschl

Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‘ in Falter 45/2023 vom 8. November 2023

Liebe Frau Andrea,
dieses Jahr war ich klimahitze-technisch sehr oft bezüglich dringender Abkühlung im wunderschönen Wiener Schafbergbad. Bei meinen Schwimmrunden sah ich immer wieder zu dem Herrn Bademeister auf, und fragte mich, woher der Begriff „Badewaschl“ kommt? Von den Badeschlapfen? In meiner Kindheit noch sehr häufig verwendet, jetzt kaum noch verwendet.
Vielen Dank
Anton Bojkowszky, 1180 Wien, per Elektropost von meinem/meiner Galaxy gesendet.

Lieber Anton,

er ist meist braungebrannt und gutraisert, sonnengegerbt und in zierliche Falten gelegt ist sein strenges Gesicht. In der Regel ist der Mann blond, und modisch, wenn auch sparsam tätowiert, über den semimuskulösen Oberkörper und den altersbedingten Gösserbauch spannt sich ein weißes Dienst-T-Shirt (wienerisch: Ruderleiberl). Das genretypische Kurzbeinkleid ist von den Tennislehrern abgeschaut, ebenso die futkarlistische Spiegelbrille und die Pausenzigaretten im Hosentaschl. Die obligatorischen Schlapfen erzwingen Gelassenheit. Am Handgelenk trägt er ein Roleximitat, um den Hals echtes Gold. Sein wichtigstes Utensil aber ist: Das Pfeiferl. Wer je österreichisches Bad besucht hat kennt den Badewaschl. Seinen Spruch, seine Autorität, die schneidenden Pfiffe am Beckenrand.

Wie oft in Fragen der sprachlichen Herkunft bezieht der Badewaschl (offiziell Bademeister) seine Nämlichkeit aus seiner einstigen Funktion. Heute Regent war er ursprünglich Domestik. Der Wasch(e)l, der Wäscher im Bad war Badediener und oft auch Barbier. In ähnlicher Weise bezeichnet Kuchelwaschel den Abwäscher in der Küche, und Kirchenwaschl den Hausknecht in der Dorfkirche. Waschel ist auch der Badeschwamm, der großen Pinsel und der Scheuerbesen mit Aufreibfetzen.

Selten ist der Matador des Schwimmbades ein Wastl (Sebastian), ein dicker Kerl, und niemals ein Waserl (ein Waisenkind), ein Feigling, ein ängstlicher Mensch. Alles am Badewaschl ist Übersicht, Souveränität und Autorität. Eindruck, Aussehen und Ansehen bestimmen sein Handeln. Kein Berufsbild schreit wortloser: „Östarrech!“


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