Österreichs Hüte

Wenn die Schweizer die Österreich ärgern wollen (Salzburger sind in solchen Fällen immer mitgemeint), fragen sie: Wer hat sie vertrieben? Die Schweizer warens. Und wer hat sie genommen? Die Österreicher. Mit den Genommenen sind die Habsburger gemeint, ein Schweizer Lokalgeschlecht, das sich in der allemannischen Heimat stark unbeliebt machte und sich deshalb, etwas verkürzt zusammengefasst, neue Untertanen suchen musste. Weitab, aber erfolgreich. Im Osten, wo die Bevölkerung gute Erfahrungen gemacht hatte mit Unfreiheit.

Die Geschichte, von der hier die Rede ist, ist jene von Wilhelm Tell und sie handelt bekanntlich von einem Hut, den der habsburgische Landvogt Gessler aufstellen ließ, um das Volk zu karniefeln. Der seelenlose Hut musste gegrüsst werden, als wäre er der Landvogt selber. Der weitere Gang der Geschichte kann bei Schiller nachgelesen werden. Die Schweizer, symbolisch individualisiert im Armbrust-Helden Tell, lassen sich den Hutgrüsszwang und die ganze Schickaniererei nicht gefallen, allerlei Dramatisches mit Äpfeln und Armbrüsten passiert, Fazit: Die Habsburger müssen gehen. Sie gehen nach Osten, wo sowas niemals passieren könnte. In Österreich, der neuen Wirkungsstätte droht kaum Unmut mit Hüten und ihren Aufstellern. Im Gegenteil, Hüte sind hier beliebter als Kronen. Besonders beliebt ist ein Hut mit Hermelinrüschen, der Herzogshut. Um ihn ein bisschen größer zu machen als andere Herzogshüte, wird er bald Erzherzogshut genannt. Die Österreicher bewundern ihn. Großer Hut gefallen tut.

Andrea Maria Dusl. Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 18. März 2023.

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