Beschwerde beim Salzamt

Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‘ in Falter 23/2021 zum 9. Juni 2021

Liebe Frau Andrea,
als nach Österreich übersiedelter Deutscher schreite ich im Bemühen um Integration zwar langsam voran, bin aber in Punkto Gelassenheit noch nicht am Ziel. Wenn ich mich wieder über eine Behörde aufrege, kommentiert dies meine einheimische Integrationshelferin und Ehefrau mit „beschwer dich halt beim Salzamt“. Woher kommt dieser Begriff?
Mit bestem Dank,
Christoph Daigl, Telfs, per Email

Lieber Christoph,

Leser dieser Kolumne kennen das Salzamt als mythischen Versammlungsort eines einsamen Trios. Seine düsteren Gänge duften nach teurem eau-de-toilette, Weihrauch und Hofrats-Alkohol. Hier tagen einmal jährlich das Christkind, der Weihnachtsmann und der Cavaliere Corrado di Molinalibera, Eingeweihten als Jahresendperson bekannt. Die Autorin richtet jährlich ein paar dringliche Begehren an die drei. Sie bleiben stets unerfüllt. Gilt doch das Salzamt gilt als Institution auf dem Gebiet der bleibenden Separation von Wunsch und Erfüllung. Wer anderen sagen will, Einspruch oder Empörung seien sinnlos, rät den Gang zum Salzamt. Die Behörde gilt als resistent gegenüber Eingaben und Ansuchen.
Aber woher kommt der zweifelhafte Ruf dieser Kanzlei?

Das hat vor allem einen Grund: Sie existiert nicht (mehr). Das Salzamt, eine Einrichtung der Hofkammer, betreute Jahrhunderte hindurch alle Transaktionen rund um das weiße Gold der Berge. Ausgerechnet am 1. April 1824 wurde das Salzamt aufgelöst. Es lag in unmittelbarer Nähe der Wiener Ruprechtskirche und lebt zumindest namentlich im Restaurant-Café Salzamt weiter. Die Erinnerung an das Salzamt bleibt auch und vor allem in der mundartlich-scherzhaften Aufforderung „Beschwean s’ihna beim Soidsomd!“ lebendig, womit man ein Anliegen an eine längst nicht mehr bestehende Behörde verweist. Die wortwörtliche Übersetzung sóhivatal hat donauabwärts eine ähnliche Bedeutung. Sie gilt in Ungarn (eine Wiener Edelprovinz) als abwertend verwendeter Ausdruck für nicht funktionierende, bürokratische Ämter und Institute.

Als Alternative für Unzustellbares kann man in Wien auch den kleinen Dienstweg empfehlen: „Red’s in a Sackl und stö ma’s vua die Tia!“

comandantina.com dusl@falter.at Twitter: @Comandantina

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