Die wichtigsten Öffner

„Aufmachen, Polizei!“ sagen die Exekutivbeamten vor der verschlossenen Tür, wenn sie Gefahr im Verzug konstatieren. Niemals würden Österreicher die Aufforderung erteilen, eine Türe zu „öffnen“. Vom „Aufmachen“ sprechen wir, wenn wir jemand in mobbender Absicht der Lächerlichkeit preisgeben. Aufgemacht ist, wer sich plusternd dekoriert hat, mit falschem Tand behängt, auffällig gekleidet ist und grell geschminkt. Aufgemacht wird im Boulevard mit der schreienden Schlagzeile, mit der lärmenden Nachricht, dem sensationellen Blickfang. Aufmachen ist böse und roh.

Öffnen gut.

Das hat mit dem Umlaut zu tun, der das Öffnen einleitet, wie ein bunter Luftballon den Kindergeburtstag. Grundgut steckt das Ö im Landesnamen Österreich, im Öl das uns Wärme gibt, und Salat und Traktor schmiert, in der Öffentlichkeit, der wir Halt und Orientierung verdanken. Österlich ist die große Ruhe, die uns aus dem Winter führt. Geöffnet werden gute Weine, die Austern der Reichen, der einengende Kragenknopf. Der Eiserne Vorhang wurde geöffnet, nicht hochgezogen. Beginnt nicht jede Auferstehung, jedes Aufwachen aus Koma und Schlaf mit dem Öffnen der Augen?

Selbstredend steckt das öffnende Ö in den großen Heilsrichtungen unserer Zeit, in Ökonomie, Ökologie, Önologie. Und einem größeren Plan folgend beginnenen die wichtigsten Institutionen und Einrichtungen des Landes mit dem segensreichen Ö. In aufsteigender Wichtigkeit: ÖAMTC, ÖBB, ÖFB, ÖSV, ÖVP und als König aller Ös der Herzensöffner Dj Ötzi.

Wundern wir uns also nicht, dass es österreichweit nichts Schöneres gibt als ö wie öffnen.

Andrea Maria Dusl. Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 5. Juni 2021.

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