Schreiben Sie schon oder klicken sie noch?

Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‘ in Falter 32/2020 am 5. August 2020.

Liebe Frau Andrea,
durch die Verwendung von Laptop, Tablet und Handy verwendet man kaum mehr Kugelschreiber und damit ging auch unser Wissen darüber verloren, wie es heißt, wenn man die Mine durch Klicken herausbefördert, um schreiben zu können bzw. wieder verschwinden lässt – wochenlang rätseln meine Freundin und ich schon, wie das heißt, sie meint aus- und einschalten, was ich ihr nicht glaube. Bitte um Ihr Urteil.
Vielen Dank,
Thomas Weihs, Spittelberg, per Email

Lieber Thomas,

schon Galileo Galilei soll sich mit der Entwicklung eines Kugelschreibers beschäftigt haben. Angesichts der dürftigen Quellenlage wundert es, dass die Erfindung nicht schon Leonardo da Vinci oder Archimedes zugeschrieben wird.

Die gesicherte Geschichte des Kugelschreibers beginnt im 19. Jahrhundert. Zu brauchbaren Schreibgeräten wurden sie allerdings erst im 20. Jahrhundert mit einem Patent des gebürtigen Ungarn Bíró László József. Das Grundprinzip des heutigen Kugelschreibers (Farbmine mit Roll-Kügelchen in der Minenspitze zum Auftragen dicker Tinte) führte dazu, dass das Schreibgerät im Anglosächsischen als Biro oder Ballpen firmiert. Ähnliches gelang dem französischen Industriellen und Regattasegler Baron Marcel Bich, der mit einer 1945 in Paris gründeteten Firma billige Einweg-Kugelschreiber für den Massenmarkt herstellte. Zum Firmennamen BIC kam es, weil Bich englisch ausgeprochen wie „Bitch“ (Schlampe) geklungen hätte.

Die von Ihnen benutzte Variante des Schreibgeräts wurde 1888 vom US-amerikanischen Erfinder John J. Loud patentiert und heißt, auch in anderen Patenten und Versionen retractable pen, zu deutsch Druckknopfkugelschreiber. Der dafür angewendete Mechanismus ist ein Sperrspannwerk, ein Getriebe mit Federn, das durch wechselweises Drücken zwei stabile Lagen einnehmen kann: Mine draussen, Mine eingezogen.

Das von Ihnen gesuchte Verb heißt also „drücken“, englisch „push“. Das dabei enstehende Geräusch kennen wir als „klicken“, englisch „click“. Kugelschreiberklicken kann sich im Rahmen habitueller Störungen zu nervigen Ticks auswachsen. Wir kennen das aus Schulstunden, Führerscheinprüfungen und langweiligen Sitzungen.


comandantina.com dusl@falter.at Twitter: @Comandantina

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