Der Wecker macht uns wach und wacker

Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‘ in Falter 14/2020 zum 1. April 2020.

Liebe Frau Andrea,
ich hab heute eine Frage von meiner 12jährigen Tochter gestellt bekommen, die ich nicht beantworten konnte (und ich schäme mich ein wenig dafür). Ich hab mir noch nie darüber Gedanken gemacht: Warum sagt man wach, aber um aufzuwachen, braucht man einen Wecker und wird aufgeweckt? Warum? Das ist doch der selbe Wortstamm, nicht? Und der Papa hat deppad gschaut und hat gesagt: Da fragen wir die allwissende Comandantina! Wenn die es nicht weiß, weiß es keiner!
Bussi,
Robert Dicker, Landstraße, per Facebook-Direktnachricht

Lieber Robert,

erstmal gibt es keinen Grund für Scham, niemand ist allwissend, im Gegenteil. Wir alle rudern im Teich des Unerklärten und fischen ab und an den einen oder anderen Schuh aus der Tiefe.

Mit Ihrer Vermutung, „wach sein“, „wecken“ und alle damit verbundenen Wörter seien eines Stammes, haben Sie völlig recht. Die Etymologie berichtet vom althochdeutschen „wahhen“, vom altsächsischen „wakon“, vom gotischen „wakan“, und vom altenglischen „wacian“, die sie alle als Durativbildung aus einem erschlossenen germanischen *wak-na, erwachen sehen. Ist doch das Wachsein das Andauern des Erwachens. Aus Perspektive des Individuums gibt es naturgemäß das eigene Erwachen. Wie bezeichnet man aber das Wachmachen von jemand anderen? Wecken im Sinne von jemand auf(zu)wecken ist im Althochdeutschen als „wecken“, „wekkian“, im Gotischen als „(us)wakjan“, im altnordischen als „vekja“ und im Altenglischen als „weccan“ belegt. Es ist wohl ein Kausativum (Veranlassungswort) zu unserem eingangs erläuterten Zeitwort „wachen“ und soll auf germanisch *wak-eja zurückgehen.

Obwohl auch zum Frühstück eingenommen, hat das Weckerl (der kleine Wecken) nichts mit dem Erwachen oder dem Gewecktsein zu tun, kommt es doch von einem Wort, das etwas Keilförmiges bezeichnet. Es ist im englischen wedge, Keil noch immer in seiner ursprünglichen Bedeutung gebräuchlich.

Abgesehen vom Wecker, der Läutuhr, die uns morgens aus dem Schlaf reißt, sind natürlich auch der Wachtmeister und der Wächter direkte Verwandte des Wachen, Aufgeweckten. Ebenso wie der Wackere, sei er auf dem Schlachtfeld oder am Fußballplatz tätig.


comandantina.com dusl@falter.at Twitter: @Comandantina

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