Das N-Wort, das T-Wort, das Z-Wort

Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‘ in Falter 40/2019 zum 2. Oktober 2019.

Liebe Frau Andrea,
zum x-ten Mal habe ich heute versucht, meinem Vater (73 J.) zu erklären, warum man das rassistische N-Wort nicht mehr verwenden sollte. Ich bin mir zwar bewusst, dass dies eine Generationenfrage ist, aber in meinem Sprachgebrauch ist es ein absolutes Unwort. Seine lapidare Erwiderung lautet, dass für ihn das Wort nicht rassistisch behaftet sei. Damit ist die Diskussion für ihn auch beendet. Diese Worte von meinem Vater zu hören, der Wissen und Intellekt als hervorstechendste Eigenschaften in einem Menschen betrachtet, finde ich besonders irritierend. Ich bitte daher um Ihre Hilfe, da mein Vater Ihre Kolumne jede Woche liest und auch oft daraus zitiert. Vielleicht können Sie ihm erklären, warum man auf die Verwendung ganz bewusst verzichten soll und muss. Ich habe versucht, mit anderen veralteten Begriffen, die heute ganz selbstverständlich nicht mehr verwendet werden, wie zB. dem Fräulein, zu argumentieren, aber es ist, als spräche man zu einer Wand.
Mit freundlichen Grüßen,
Chris Mayer, Niederösterreich, per Email

Liebe Chris,

unbegabt in Familientherapie werde ich nur sprachdienliches zur Sache beisteuern. Warum soll man das N-Wort nicht verwenden? Warum das T-Wort nicht, warum das Z-Wort nicht, und warum eine lange Liste weiterer diskriminierender und rassistischer Begriffe für Menschen anderer ethnischer, geographischer oder sozialer Herkunft nicht?

Sehen wir uns das Problem an den Ethnophaulismen für Deutschsprachige an. Die Anglophonen kennen für „uns“ die Bezeichnung „Kraut“ und „Hun“, die Niederländer „Mof“, die Franzosen „Boche“, die Tschechen „Skopčak“. Am Balkan und in Polen firmieren „wir“ als „Schwabo“ oder „Szwab“, in Italien als „Crucco“, in der Schweiz als „Gummihals“. Österreicher bezeichnen Deutsche als „Marmeladinger“ oder „Pieffke“, Deutsche uns als „Ösis“ oder „Schluchtenscheißer“. Westdeutsche kennen seit der Wiedervereinigung das Pejorativ „Ossi“, diese antworteten sehr schnell mit „Besserwessi“.

Wir würden doch sehr gerne als Herr Mayer bezeichnet werden, oder als Frau Dusl, denn als Crucco oder Hun. Mein Bruder darf zu mir übrigens „Tschuschin“ sagen. Aber nur der.
comandantina.com dusl@falter.at Twitter: @Comandantina

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