Donau so blau!

„(…) Im Bewusstsein der kulturaffinen Weltöffentlichkeit liegt Wien an der blauen Donau. Dieser Befund verdankt seine Entstehung dem sogenannten Donauwalzer, im Spätherbst und Winter 1866/67 von Johann Strauss Sohn komponiert. Der eigentliche Titel des berühmten Walzers lautet „An der schönen blauen Donau“, katalogisiert unter der Opusnummer 314. Der ursprüngliche Text stammt vom Vereinsdichter des Wiener Männergesangvereins, Josef Weyl und besang nicht den Donaustrom, sondern dessen Anwohner mit den Dichterworten: „Wiener, seid froh, oho, wieso?“ Als Strauss später im Jahr, während der Weltausstellung in Paris auftrat und dort dringend neue Kompositionen brauchte, erinnerte er sich an das schon eingeschlummerte Werk. Unter dem Namen „Le beau Danube bleu“ wurde das Stück zu einem großen Erfolg. 1889 entstand dann auch ein neuer Text, der mit dem so eingängigen wie einfältigen Reim „Donau so blau, so schön und blau“ den neuen Titel des Walzers berücksichtigte. Wie aber kam es zur tondichterischen Verbindung von Donau und der Farbe Blau? Niemand hat je den Strom zwischen Leopoldsberg und Bisamberg in der besungenen Farbe gesehen. Auch zu Straussens Zeiten nicht. Zwar hatte dieser bei der originalen Benennung des Stücks auf zwei Gedichte des Dichters Karl Isidor Beck zurückgegriffen, die jeweils die Textpassage „An der schönen blauen Donau“ enthalten, nur bezog sich Beck nicht auf die Donau bei Wien, sondern bei Baja (deutsch Frankenstadt), seinen Geburtsort. Die Kleinstadt Baja, im südungarischen Komitat Bács-Kiskun, liegt 156 Kilometer südlich von Budapest an der „blauen“ Donau. Mit der Farbbezeichnung wird eine Abgrenzung zur „blonden“ Theiß vorgenommen. Der Donauwalzer besingt im Lichte dieser Erkenntnis also fluviale Zustände weitab von Wien, im Dreiländereck Ungarn-Kroatien-Serbien. Alles Walzer!(…)“

Aus: Dusl, Andrea Maria: So geht Wien!, Wien, Metroverlag, 2016, pag. 122f.

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