Was ist ein Odamasch?

Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‘ in Falter 34/2016 zum 24.8.2016.

Liebe Frau Andrea,
ich brauche eine linguistische Hilfe. Ich bin Bauer im Marchfeld und hier sagt man zum Ernteschluss, man feiert „Odamasch“. Das Internet gibt dazu leider wenig her. Ich würde gerne wissen, woher der Begriff kommt, (slowakisch, ungarisch?) und was er bedeutet. An wen kann ich mich wenden?
Mathias Wald, per Facebook-Direktnachricht

Lieber Mathias,

in vielen deutschsprachigen Gegenden ist das Ernteabschlussfest noch als Schnitterhahn bekannt. Nach gängiger Deutung kommt der Begriff aus der Zeit, als Getreide noch mit der Hand geschnitten wurde, und zwar vom Schnitter. Als zusätzlichen Anreiz für die harte Arbeit erhielten die Schnitter neben dem Festmahl auch einen Hahn.

Der “Odamasch“ des östlichen Weinviertels (und damit auch des Marchfeldes) bezeichnet ebenfalls das Erntedankfest. Das Wort stammt aber aus anderer sprachlicher Quelle und einer Zeit, als sich vor allem Erntehelfer aus der heutigen Slowakei, dem früheren “Oberungarn” verdingten. Ein typischer Bericht aus den 30erjahren des vorigen Jahrhunderts erzählt von gutem Essen beim Odamasch, von Knopferlharmonikamusik und ausgelassenem Tanz. Unter den Feiernden befand sich, als Symbol für das Ende der Getreideernte, ein “Strohmandl“ – ein Bursche, der bis auf einen Augenschlitz in Stroh eingewickelt war. Die Erntehelfer fassten reichlich Trinkgeld für weitere Tanzereien im Gasthaus aus, schliefen ihren Rausch aus und zogen weiter.

Die wahrscheinlichste Erklärung für unser gesuchtes Wort “Odamasch“ gibt auch Hinweis auf die prekären Verhältnisse früherer Zeit. Es kamen nicht slowakische Bauern zum Erntehelfen, sondern besitzlose Roma. In deren Sprache heißt “adaj mas“, “hier Fleisch“, oder, was noch wahrscheinlicher wäre: “odaj mas“, “dort Fleisch“. Im Kauderwelsch der Feste flogen die Begriffe hin und her, heißt doch máš auf slowakisch “hast du”. “Adaj máš“ hieß also im Schnitterpidgin soviel wie “dort hast du”, dort im Topf, dort in der großen Schüssel. Auf Romani macht das doppelt Sinn, dort heißt “das Fleisch” “oda mas”, wörtlich “der Fleisch”. Die Pars-pro-toto-Wendung der Schnitter vermischte sich schließlich noch mit unserem Ausdruck für Speisenallerlei, dem vielgekochten “Mischmasch” und gab schließlich dem ganzen Fest seinen Namen.
comandantina.com dusl@falter.at Twitter: @Comandantina

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