Die drei wichtigsten Jobs des Landes

Andrea Maria Dusl. Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 6.8.2016.

Die wesentlichen Identitätsgleise des Landes wurden in den Siebziger- und Achtzigerjahren gelegt. Das Fernsehen dieser Zeit beschäftigte sich mit Zukunftsfragen. Die Sendung für die Jugend nannte sich “Was könnte ich werden?” In betulichen Reportagen wurden Berufe und deren Alltage vorgestellt und die Stimmung affirmiert, Arbeit, Beruf und Einkommen wären untrennbare Partikel einer großen Glücksverheißung. Margaret Thatcher, der Frisurteufel aus Albion hatte die Zugehörigkeit zur Ungehörigkeit Gesellschaft noch nicht aufgekündigt.

Ältere Semester sahen Versprechungen in Richtung Zukunft aus Erfahrung skeptischer und mussten mit surrealen Fernsehstoffen belogen werden. Den Bedarf nach rätselhaften Erwerbserörterungen stillte der bayrisch-grantelnde Fernsehkautz Robert Lembke mit der epochalen Erfolgssendung “Was bin ich?” Ein halbprominentes, aber heiter gestimmtes Rateteam musste in Ja-Nein-Fragen die Professionen farbloser Gäste erraten. Jedes Nein aus dem Rateteam (zehn waren maximal möglich) wurde mit einem Münzeinwurf in ein Sparschein quittiert. Im Falle der Unerratbarkeit seiner Profession ging ein Kandidat mit Zehn Fünf-Mark-Stücken nach Hause. In Zuschauern mit Normalberuf musste das Veränderungsphantasien auslösen.

Auch eine Existenz jenseits von Angestelltsein und Freiberuflichkeit wurde vorgeschlagen. Prominente aus Film, Funk, und Stadion mussten namentlich und unter der Augenbinde erraten werden. Die Identitäts-Alternative zu “Was bin ich?” war also “Wer bin ich?” Statt Münzen konnten Zelebritäte rote Rosen (Diven und Damen) oder Weinflaschen (Herren und Heroen) abhaseln. Je unbekannter und also auch unerratbarer eine Prominenz, desto grösser ihr Gewinn. Dies musste, die Sendungsmacher hatten es nicht bedacht, in der Bevölkerung den Wunsch nach einer Berufsidentität im Sektor der unteren Halbprominenz reifen lassen. Das Genre der ruhmreichen Ungerühmtheit war entstanden. Sein Glanz hielt bitter lange an. Erst seit kurzem werden wieder profunde Kräfte prominent. Man würde sie auch allerdings erraten.

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