Wie sozial ist die Sozialpartnerschaft?

Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‘ in Falter 27/2016 zum 6.7.2016.

Liebe Frau Andrea,
angeblich ist sie ja in keinem einzigen Gesetz festgeschrieben, dürfte demnach garnicht existieren. Was hat es mit der Sozialpartnerschaft. Wer hat die ins Leben gerufen und was machen die?
Danke für Ihre Arbeit, mit herzlichen Grüßen aus Ottakring, Thea Pöltl, per Gesichtsbuchdirektnachricht

Liebe Thea,

Politologen nennen den Mechanismus der Sozialpartnerschaft „Neo-Korporatismus“. Sie verstehen darunter ein gegenseitiges Abhängigkeitsverhältnis von Akteuren der Gewerkschaften und der Arbeitgeberverbände, geprägt von Aushandlungsmechanismen, Nichtöffentlichkeit und weitgehender Informalität – ein Geheimösterreich der Handschläge. Die vertretenen Verbände haben für ihren Bereich ein Repräsentationsmonopol. Ausgehandelte Ergebnisse können sie ihren Mitgliedern gegenüber durchsetzen. Die Sozialpartnerschaft ist eine Art kalter Krieg, bei dem darauf geachtet wird, dass er einerseits nie aufhört und andererseits der Gegner nie vernichtend geschlagen wird.

Die ersten Kontakte zwischen den beiden großen Lagern des Landes wurden in einer Freimaurerloge geknüpft. Der Unternehmer und Präsident der Industriellenvereinigung Josef Trebitsch, Meister vom Stuhl der Loge “Lessing zu den drei Ringen“, und der sozialdemokratische Anatomieprofessor und erste Sozialminister Österreichs, Dr. Julius Tandler, haben im Arkanum ihrer Loge die Grundlage für die bis heute weltweit bestaunte Institution geschaffen.
Die Sozialpartnerschaft funktioniert nach einem Prinzip, das ich die Nikolaus-und-Krampus-Geheimfreundschaft nennen will. In der normalen Begegnung mit Nikolaus und Krampus gibt es drei Beteiligte. Den bösen Fellproleten mit Bocksfuß, Rute und Sack, in dem er schlimme Kinder abtransportiert, dann den feinsinnigen Geschenkeverteiler mit Bischofsmütze und Krummstab, in Tunika und Kasel gewandet. Und dann gibt es uns. Das verängstigte Gegenüber. Das Wahlvolk. Die Beschenkten und Bestraften.

Sozialpartnerschaft heißt nun nichts anderes, als das sich Nikolaus und Krampus darin verständigen, Geschenke und Bestrafungen in ein mühsam ausverhandeldets und durch kompromisse dezimiertes Paket zu packen und gemeinsam zu überreichen. Uns, den Kindern in diesem Spiel, genannt: Das Volk, die Gesellschaft, die Wähler, die Nichtwähler.

comandantina.com dusl@falter.at Twitter: @Comandantina

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