Integriert

Andrea Maria Dusl. Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 20.2.2016.

Das Wort hat einen sauberen Klang. Integriert. Es riecht wie integer, lugt über den Zaun von ‘inter’, dorthin, wo ‘interessant’ und ‘international’ miteinander Fußball spielen. Das war’s aber dann auch schon. Wäre ‘integriert’ jener Zustand, den zu bezeichnen der Begriff vorgibt, wären Integrierte unverdächtig. So unverdächtig wie Radetzky, Prohaska, Mateschitz. Unverdächtig? Unverdächtig jeglichen migrantischen Hintergrunds. Verdächtig und ermächtigt indes der Vollösterreicherei.

Was macht die Vollösterreicher aus? Was wohnt ihnen inne, was strahlen sie aus, wessen rühmen sie sich, was macht sie stolz? Die Integrationsunbedürftigen, die Heimathüter, die Zaunaufsteller, die Obergrenzenausrufer? Ist es die Sprache, die sie über die anderen erhebt? Bist du Moped! Bam, Oida! Ist es der lückenlose Inländer-Stammbaum, den die Schollennahen auf Nachfrage zücken können? (Waren die germanischen Völkerwanderer nicht alle Migranten?)

Komplexe Fragen zur Legitimität des Österreichertums haben sich die Denkzettelwähler und Dreibierbesteller auch gestellt und nach Nichtbeantwortung auf die kurze Bank des Verdrängens geschoben. Österreicher ist nach dortiger Definition, wer freiheitlich und strachistisch wählt oder wer die Hegemonie der Blauen billigend herbeisehnt.
Forschen wir weiter. Finden wir auf satirischem Parkett Kriterien für Einheimischkeit? Existiert so etwas wie die Gabaliersynapse? Das Käseleberkässemmelgen? Eine Blutgruppe Ö positiv? Ist der initiale Komarausch das nationale Sakrament? Fußt der Ösenstamm auf der epigenetischen Erinnerung an Cordoba? Und was strahlt heiliger, der Schnee unter Hinterseers Moon-Boots oder der Rasen unter Alabas Kickerstiefeln?

Welche Mentalitätsgeschichten ins große Österreicherbuch eingetragen werden und welche nicht, bleibt ungeklärt. Die Geschichtsschreibung des Landes scheitert schon daran, den Bürgerkrieg des Jahres 1934 aus konsensualer Sicht zu betrachten. Nichts ist klar, nur der Schnaps ist durchsichtig. Also doch die Einserfrage: “Obstler oder Sliwowitz?”

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