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Andrea Maria Dusl. Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 30.1.2016.

Die Gesellschaft lässt sich im Groben zwei Denkschulen zuordnen, jener des Glaubens und jener der Erkenntnis. Paradoxien eignen beide.

Als Wutbürger vermeinen wir der Welt des Glaubens dadurch zu entkommen, dass wir uns der Wahrheit in die Arme werfen. Wir zeihen die Presse der Verschleierung derselben und suchen unser Heil in der Verschwörungstheorie. Sieht doch aus Sicht des Konzeptlosen jedes Phänomen nach Gestaltung aus. Das Gewitter wie der Regenbogen, die Migrationswelle wie die Hochkonjunktur. Soferne es den Allmächtigen nicht gibt, muss es andere Allmächtige geben, schliessen wir und grimmen. Weltenlenker, die uns wie tanzende Marionetten vorführen, uns klein und dumm halten und mit Lügen füttern. Verbittert beklagen wird den Haustierstatus der Nichteingeweihten und fordern einen Systemwechsel. Der Demagoge erkennt unsere Not und spielt den Demiurgen. Das Spiel ist alt und bekannt. Wer nicht die Chuzpe hat, selbst den rechten Heilsbringer zu spielen, macht zumindest den heilen Rechtsbringer. Auch die Algorithmen sind bestens bekannt: Je ängstlicher das Volk, desto mutiger das Völkische. Der Ruf nach dem starken Mann indes wird immer nur von Schwachen ausgestossen. Wenn wir das nicht selbst sind, so sind die Geschwächten doch unter uns. Schwach im Denken, schwach im Handeln, schwach in der Erkenntnis.

Wie aber sieht es in der anderen Fakultät aus? Auch als geübte Demokraten und Diskursapologeten dürfen wir uns dabei ertappen, Stärke für Weisheit zu halten und Schwäche für Dummheit. Wir glauben an das Gute im Menschen und suchen daher den Menschen im Guten. Wir preisen das Individuum und ahnen doch, dass nur das Kollektiv wirklich ist. Wir haben Theorien und sprechen doch nur Gebete. Wie helfen uns diese Überlegungen im Krisenfall? Rufen wir uns in Erinnerung: Es gibt keine Wahrheit, es gibt nur Wahrnehmung. Angst ist die Erinnerung an Eingetretenes, nicht der Vorschein des Ungeschehenen. Dämonen tanzen in unseren Gehirnen, nicht in der Dingwelt. Es gibt keine Krise. Es gibt nur Veränderung.

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