Alte Reflexe

Ich habe nachgedacht, warum so viele Menschen in Österreich Aversionen und Ressentiments gegen Asylsuchende aus Syrien hegen. Und warum die politische Agitation der FPÖ (und die Untätigkeit der Regierungsparteien) auf relativ breite Zustimmung in der Bevölkerung treffen. In der familiären Erinnerung der meisten Österreicher ist Krieg gleichbedeutend mit Generalmobilmachung. Kein Mann im „waffenfähigen“ Alter entkam der Nazi-Kriegsmaschinerie – egal ob freiwillig oder unfreiwillig.

In der Erinnerung der Österreicher ist der kriegsflüchtige junge Mann aber niemals ein „guter Mann“. Entweder ist er Desserteur, Feind, oder politisch/rassistisch Verfolgter. In der damaligen Ideologie (sie hallt nach) waren das Verbrecher. Waren das „hiesige“, waren es Fahnenflüchtige, Kameradenschweine, „Judenpack“, „Zigeunergesindel“. Den „guten“ Flüchtling sah man erst im Rückkehrer aus der Kriegsgefangenschaft, und in den Vertriebenen aus den Sudentengebieten (zumeist Frauen, Kinder und Alte, wenig jungen Männer allerdings). Weil der Großteil der syrischen und afghanische, tschetschenische und pakistanische Flüchtlinge von jungen Männern gestellt wird, werden diese alten Reflexe der hasserfüllten Ablehnung mobilisiert. Ungarn- noch Tschechoslowakeiflüchtlinge waren in der Wahrnehmung der Österreicher keine Kriegsflüchtlinge und damit relativ willkommen.

Strache (sein Großvater war Sudetenflüchtling) gehört nicht zufällig einer willkommenen Grupppe an. Er nimmt sich genealogisch als Vertriebener wahr. Als Guter also. Zusammengefasst: Es ist der junge männliche Zivilist, den die rechten Österreicher als „böse“ wahrnehmen.

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