Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 15.11.2014.
Irgendwas mit Baggern. Irgendwas mit blickdichten Brillen. Irgendwas unter Wasser. Irgendwas war immer in Wetten-Dass. Irgendwer war immer da am Sofa der Nation. Aber halt, das große Sofa war stets breiter als “die Nation”. Es war kein deutsches Sofa, kein österreichisches, schweizerisches, luxemburgisches, südtirolerisches, liechtensteinisches. Es war das Sofa einer Sprache: Das Deutsche-Sprachsofa. Und auch das war ein Missverständnis, sassen doch dort meist Zelebritäten englischer Zunge. Unterernährte Überprominente aus der Filmwelt und schwach leuchtende Sternchen aus dem Pop-Universum.
Unterhaltsam war dabei weniger die Dekodierung des von ihnen Gesagten, als ihnen dabei zuzusehen, wie sie, den Dolmetschknopf im Ohr, Grundsätzliches missverstanden, Missverständliches für Grundsätze hielten und darin insgesamt das deutsche Dillemma erahnten. War doch das Konzept der Show die Auseinandersetzung mit dem Scheitern. Dem ästhetischen Scheitern, dem erzählerischen und in fahrlässiger Weise auch dem magischen. Zufälliges wurde als Zaubertrick verkauft und zirkusfähiges als Wochenendgeblödel. Wetten-Dass etablierte die Phantasie als Funktion der Wett-Idee. Als Preis lockte die 15minütige Weltberühmtheit im deutschsprachigen Raum und der Winke-Gruß an “alle die mich kennen!” Wetten-Dass war eine Casting-Show ohne Casting-Jury, Eine Talentebörse ohne Kurse, ein Dschungelcamp ohne Dschungel. Wetten-Dass war die Mutter allen Blödsinns. Sie stand länger als die Berliner Mauer. Das sagt mehr über Deutschland und die sprachverwandten Trabantennationen, als uns lieb sein kann.
Für die Geschichtsforschung werden die Aufzeichnungen der 215 Sendungen (eine kommt noch) einst eine Goldmine sein. Der meistgebuchte Künstler bei Wetten-Dass war übrigens der singende Mopedrocker Peter Maffay. Er brachte es auf stolze 17 Auftritte. Mehr wird der hochdeutschelnde südtiroler Konkursbeauftragte Markus Lanz auch nicht auf die Reihe bringen. Top, die Watte quillt.