Ausgeschweizt

Für meine Doppelkolumne in der Wochenendausgabe der Salzburger Nachrichten vom 17.02.2014.

Wenn man die Schweizer beleidigen möchte, bringt man die seicht-witzige Frage in Stellung, was denn deren größte kulturelle Errungenschaft sei. Die Kuckucksuhr, will dann geantwortet werden. Und nicht einmal das. Die Verschärfung des Insults besteht nämlich in der Zusatzbemerkung, dass dieser Befund nur eine urbane Legende sei, denn die Schweizer hätten die Kuckucksuhr gar nicht erfunden, die Schwaben seien es gewesen. Seit jeher gibt es ein gespanntes Verhältnis zwischen Österreichern und Schweizern. Die einen haben es den anderen nicht vergeben, dass sie die Habsburger des Landes verwiesen, die anderen den einen nicht, dass sie diese mit offenen Armen empfangen haben. Statt malevolentem Feudalismus und imperialem Absolutismus haben die Schweizer Eidgenossenschaft und Basisdemokratie etabliert. Auf diesem Gebiet kann Österreich nur die freiwillige Feuerwehr erfolgreich ins Treffen führen. Der Blick der Österreicher auf die Schweizer ist seit jeher von Seufzern begleitet. Die Helvetier stellen die Leibgarde des Papstes, haben die höheren Berge, die spektakulärere Landschaft, die mondäneren Skiorte und die fetteren Banken. Im Schatten dieser Erfolge gedeihen Witze wie der, wonach der Wiener Zentralfriedhof halb so groß sei wie Zürich, aber doppelt so lustig. Geschenkt. Jetzt haben die Schweizer schon wieder ganz ordentlich geschweizt. Angestachelt von der rechtskonservativen Volkspartei haben die Eidgenossen über den Zuzug von Ausländern – in populistischer Lesart: gegen Masseneinwanderung – abgestimmt und damit faktisch ihre Bande zur Europäischen Union gekappt. Schweiz den Schweizern lautet die Botschaft des (überdies äußerst knapp ausgegangenen) Volksentscheids. Bedenken, die wirtschaftliche Stabilität der Schweiz betreffend, können zerstreut werden. Großkontoinhaber und Geldkofferboten werden weiterhin die Flugzeuge nach Züri besteigen, um nicht schweizerisches Geld in Schweizer Tresore zu bringen. Bravo Schweiz, applaudiert die Zahntechnikerpartei und verkennt dabei die Tatsache, dass es vor allem saisonierende Österreicher und Deutsche sind, gegen deren Unterwanderung sich die Schweizer stemmen. Grüezi, drei Bierli!

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