Hegel Schüssel

Liebe Frau Andrea,
gerade lese ich im Online-„Standard“, dass der Kanzler von mittlerweile 14 Kabinetten sich privat als „gemütlicher Heg’l“ sieht. Was ist ein „Heg’l“? Hat das was mit dem Philosophen Hegel zu tun? Warum meldet das Lachsblatt Dialektales?
Stets Ihr Sebastian Toifl, 1150 Wien

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Lieber Sebastian,
das Zitat stammt ursprünglich aus einem Kleine Zeitung-Interview. (Wiewohl es die Website des Bundeskanzleramtes für ein Kurier-Interview hält.) Jedenfalls meint Schüssel tatsächlich, „im privaten Umgang (…) ein ganz gemütlicher Heg’l“ zu sein. Der Ausdruck Hegl ist an Inn, Etsch und Eisack gebräuchlich und dürfte von Tirolbotschafter Khol importiert worden sein. Das Wort kommt wie das Heig oder Heu – das (ab)geschlagene – vom germanischen Hag und meint so viel wie Schlag, Hau(e). Davon wiederum kommen die Hecke, der Hain und die Hege – die Pflege von Hecken, Hainen und Zäunen. Der Hegel, der Schläger also, ist mit dem Heinrich verwandt, dem Hag-reichen. Als ganzer Kerl ist der stets zu derben Scherzen aufgelegt, wovon das Wiener „Hegeln“ (fälschlich Häckeln) kommt. Mit dem Stuttgarter Dialektikerfinder Hegel hat der Hegl nur namensetymologisch zu tun. Die Kulturanmaßung, auf gemütliche Weise These und Antithese zu synthetisieren, wollen wir Kanzler Schüssel schon deswegen nicht unterstellen, weil die Hegel’schen Werke als Ausgangspunkt zahlreicher Philosophieströmungen unter anderem den Marxismus hervorgebracht haben.

Erschienen in „Falter“ Nr. 6/05 vom 09.02.2005 Seite: 67

Ein Gedanke zu „Hegel Schüssel“

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