Wettlauf mit der Zeit

Falter 13/03 vom 26.03.2003.

Liebe Frau Andrea,

wenn diese Frage in den Schoß Ihrer Kolumne fällt, wird es vermutlich schon Bomben auf den Irak gehagelt haben. Und dann wird auch eine Redewendung wieder aus den Medien verschwunden sein, die die ganze Vorkriegszeit über durch Kommentare und Meldungen gegeistert ist: Der so genannte „Wettlauf mit der Zeit“. Woher kommt dieser Ausdruck?

Liebe Grüße,

Tina Tsornigg, Stern/La Villa

Liebe Tina,

der „Wettlauf mit der Zeit“ ist ein gängiger Terminus aus dem Katastrophenberichterstattungsmilieu. Wie bei vielen Sprachbildern, derer sich der Boulevard bedient, ist es auch bei diesem nicht falsch, von Unfug zu sprechen. Einen Wettlauf mit oder gar gegen die Zeit kann es schon deswegen nicht geben, weil sich Zeit an keinen Wettrennen, geschweige denn an spannenden Zieleinläufen oder ähnlichen sportlichen Ereignissen beteiligt. Zeit läuft ja gemeinhin und bekannterweise auch unabhängig davon durch die Gegend, ob überhaupt wettgelaufen wird. Aber selbst in einem Fall, in dem sich die Zeit dazu herabließe, an einem Wettlauf teilzunehmen, selbst in so einem seltenen Fall wäre die Zeit kein spannender Gegner. Sie liefe einfach. Ob auf und davon oder nur so daher, sei jetzt dahingestellt. Nun gut, in dieser an Berechenbarkeit unübertroffenen Monotonie wollen einige eine Gefährlichkeit erblicken. An den Anfang dieser Kolumne geblickt, finde ich eine andere Gefährlichkeit wieder: das Wörtchen Unfug, und ich beschließe, es ins Lexikon der gegenteilslosen Negationen aufzunehmen. Unfug beklagen so manche, die wenigsten jedoch preisen auch nur den allerkleinsten Fug. Fug ließe ich gerne mal einen Wettlauf gegen die Zeit antreten, und ich vermute, die würde da schon ganz schön ins Schwitzen kommen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert