Bleche

Falter 44/2002 vom 30.10.2002.

Liebe Frau Andrea,

neulich war ich spät unterwegs und bin an einem nächtlichen Würstelstand vorbeigeradelt. Dabei habe folgenden, in breitestem wienerisch vorgetragenen Satz eines Würstelstandgastes aufgeschnappt: “Geh, Gustl häng ma a Blech aussa!” Was, bitte ist ein Blech? Ist das was zum Essen? Sicher wissen sie Rat!

Felicitas Klede,
Margaretenplatz

Liebe Felicitas,

mit grosser Wahrscheinlichkeit wurde die von Ihnen beobachteten Szene weniger von Hunger nach gewaltztem Eisen als von Durst nach flüssigem Gold hervorgerufen. Bei den Würstelständen Wiens aka “Würschdlingern” hört man in letzter Zeit öfter den Wunsch nach Blech. “A 16er-Blech, oba Dscheniffa” ist eine gängige Redensart in der nächtlichen Strassengastronomie. Ein 16er-Blech ist nichts anderes als eine Dose Ottakringer (16er, weil Ottakring der 16te Wiener Gemeindebezirk ist). Mit Dschenniffa wird zum Ausdruck gebracht, dass etwas rasch zu geschehen habe. Der Ausdruck spielt mit dem Namen der US-amerikanischen, in Deutschland als Heidi Stern geborenen Sängerin Jennifer Rush.

In seltenen Fällen kann ein 16er-Blech am Würstelstand auch etwas anderes als das, auch unter “Aluweckerl” oder “Hopfenkaltschale” firmierende Dosenbier bedeuten: Einen simplen Flaschenöffner nämlich. Gebräuchlicher ist dafür aber der, vor allem unter österreichischen Bauarbeitern nicht unbekannte Ausdruck “16er-Schlüssel”. Ganz anderes assoziieren wir hingegen mit dem Familiennamen eines häufigen Frequentanten des nächtlichen Wiens der Siebzigerjahre, dem ehemaligen Innenminister und heutigen Obmann des sozialdemokratischen Pensionistenverbandes Karl “Charly” Blecha. Blecha ist wie die Majorität der Wiener Familiennamen tschechischen Ursprungs und bedeutet in der Sprache unserer nördlichen Nachbarn “Floh”.

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