Grantezza

Falter 41/2002 vom 09.10.2002.

Liebe Frau Andrea,

in letzter Zeit musste ich immer wieder davon hören, dass in der ÖVP und FPÖ sogenannte „Granten“ Sitzungen abhalten. Vor einiger Zeit durfte ich dies sogar in einer lachsfarbenen Zeitung lesen, diesmal allerdings „Granden“. Was bedeutet es, wenn die wichtigen Sitzungen dieses Staates durch Preiselbeeren (vulgo „Granten“) abgehalten werden? Ich bin sehr verwirrt….

Irene Prieler, 1060 Wien

Liebe Irene,

Granten, auch Stachelbeeren, Krausbeere, Krusebeeren oder Grausbirn genannt, sind ursprünglich in den Bergwäldern Mitteleuropas und des Kaukasus heimisch und werden heute in ganz Europa und in den USA angebaut. Es gibt grüne, gelbe und rote Granten. Gelbe Granten sind besonders süß, während die roten leicht säuerlich schmecken. Alle Granten, auch die magenätzenden “Grausbirn” haben einen hohen Zuckergehalt. Granten sind etwa so groß wie Kirschen, ihre dünne Haut ist glatt oder leicht behaart und das Fruchtmark ist mit Samenkernen durchsetzt. Granten werden frisch auf Torten oder als Dessert gereicht und zu Konfitüre, Gelee, Kompott oder Wein verarbeitet. Die “Granden”, von denen der Standard weiss, stammen eigentlich und ursprünglich aus Spanien. Mit diesem Ausdruck werden die Mitglieder des spanischen Höchstadels bezeichnet. Von wenigen Vertretern der freiheitlichen und christlichkonservativen Parteien sind Verwandschaften mit dem iberischen Aristokratie bekannt, weshalb sich der Ausdruck auf jenen, den erwähnten Sitzungen eigenen Gemütstenor, den sogenannten “Grant” beziehen dürfte. Eine interessante Konnotation finden wir auch im englischen Ausdruck “grant”, mit dem man gemeinhin eine von öffentlicher Hand gewährte Schenkung bezeichnet. Das Wort kommt vom indoeuropäischen “kerd”, “glauben”, (be)greifen, und ist verwandt mit dem lateinischen “Credit”. Hier schliessen sich alle Kreise. Glaube, Grant und das Abgreifen der öffentlichen Hand: Im Zubereiten dieses Kompotts dürfen wir den Sinn einer Grandensitzung vermuten.

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