Silberpfeilsimo

Falter 06/2001 vom 07.02.2001.

Warum sind eigentlich die Wiener U-Bahnzüge innen orange und aussen silberfarben bemalt? Steckt da was dahinter?

Alexander Korinek, Landstrasse.

Da steckt was dahinter, lieber Alexander. Das Design der Wiener U-Bahn-Züge stammt aus den 70er-Jahren, einer Zeit, als Farben noch was bedeuteten. Weiss war da noch für Brautkleider und Toiletten bestimmt, Schwarz für Pfarrer und Merdedes-Diesel-Taxis, Grün für Gemüsegeschäfte und Polizisten, Rot für Krampusse und die Sozialistische Partei. Das fahle Gelb totgekochter Eidotter war für die Post reserviert und Violett war für den öffentlichen Gebrauch insofern tabuisiert als es neben Veilchensträussen nur für Karfreitagsdekorationen vorgesehen war. Die Designer der Wiener U-Bahn standen also vor einem Dilemma, das nicht leicht zu lösen war. Die Farbe, in der der Vorläufer der U-Bahn daherkam, das staubige Rostrot der Stadtbahn war nicht gerade als modern etabliert und auch das Weissrot der Strassenbahn konnte nichts repräsentieren, was auch nur im entferntesten mit Fortschritt und urbaner Modernität in Einklang zu bringen war. Eine Farbe allerdings hatten alle noch in blendender Erinnerung: Das Silber der reichsdeutschen Rennautos! Das signalisierte Geschwindigkeit, technische Rafinesse und Siegeswillen! In einer Melange aus deutschnationaler Technikverklärung und zukunftsgläubigem Modernismus bekamen unsere U-Bahn-Garniuren nicht nur die Farbe sondern gleich auch den Namen der Mercedes-Boliden aus den 30er und 40erjahren: Silberpfeile. Nun befanden wir uns allerdings schon in den 70ern und da war vor allem eine Farbe ultrahip: Orange. Orange war alles, was busy und aufregend war. Orange signalisierte Sicherheit und es ist kein Zufall, dass sich auch die berühmte Z-Kugel der Zentralsparkasse mit leuchtendem Mandarin schmückte.

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