Kreative Christmasnacht 

Falter 45/99 vom 10.11.1999.

Werbefuzzis haben es nicht leicht. Einerseits müssen sie sich täglich mit den Randerscheinungen des Phänomens Kreativität auseinandersetzen, andererseits sollen sich diese, von geizigen Auftraggebern und teuren Designer geschundenen Kreaturen auch noch in die Streckbank des gesellschaftlichen Konsens legen. Eine dieser virtuellen Foltermaschinen ist die, mit dem Vormarsch angloamerikanischer Vorabendserien fast schon ewig gewordene Frage: „Weihnachtsmann oder Christkind?“ Weil in dieser Frage selbstverständlich nur Vermutungen kursieren – seriöse Meinungsforschung beschäftigt sich ja eher mit Fragen wie „würden sie Haider auch wählen, wenn er schwul wäre, und nicht nur Morgen Sonntag?“ – greifen Werbefuzzis immer öfter in die schmutzige Trickkiste der Insinnuierung. Nicht immer, aber immer öfter. Durch die Hintertüre des fait accompli kommen plötzlich Santa Clausens Rentiere in unsere gute Stube. Sowas rentiert sich. Schon aus semantischen Gründen. Onomasiologische Verwirrtheiten wie die Tatsache, dass Santa Claus (bei uns) unmöglich mit Renen daherkommen kann, weil er als Nikolo schon fix mit dem Krampus zusammen ist, werden dieses Jahr erstmals ignoriert. „Happy Advent!“, wie wir Kreativen sagen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert