Wenn Zucker rieselt 

Falter 37/99 vom 15.09.1999.

Zucker, so heißt es doch gerne, Zucker macht das Leben süß. Der Zucker, der in meiner Vorratskammer lagert, ist zwar süß, aber er macht mir das Leben schwer. Denn dem Zucker, so wie ich ihn kaufe, mangelt es an Disziplin. Der Zucker von dem diese Kolumne handelt, ist „Wiener Zucker“ der Sorte „Feinkristall“. Und das muss so sein, weil es einfach prolo ist, „Normalkristall“ in oberitalienische Zuckerstreuer einzufüllen. Einen Bugatti betankten wir ja auch nicht mit Diesel! Zum Nachteil gereicht meinem Wiener Feinkristallzucker allerdings, daß er seine Rieselfreudigkeit unter anderem dadurch unter Beweis zu stellen trachtet, daß er bei jeder (wirklich jeder) Gelegenheit aus dem Gebinde rieselt. (Die Papiersäcke, in dem Wiener Zucker verkauft wird, sind nämlich nach spartanischen Grundsätzen verleimt.) Nun gibt es für Neurotikerinnen wie mich nichts Schlimmeres, als der Geräusch, das rieselfreudige Feinkristalle beim Drübergehen machen. Nicht auszudenken, was Wiener Feinkristall auf Bugattigaspedalen anrichten könnte! Abgesehen von diesen Unbillen der Verpackung stellt sich mir manchmal die Frage, ob wir hier in der Provinz auch einmal anderen Zucker bekommen könnten! Vielleicht einmal Feinkristall aus Bologna! Oder aus Mailand! Oder gar aus Turin!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert