Mehr Drogen

Falter 09/2001 vom 28.02.2001.

Liebe Frau Andrea!

Ich kenne mich nicht mehr aus. „Noch mehr Demos“ schlägt die FPÖ auf Wahlplakaten vor, und ich glaube sie hat das so gemeint, dass die anderen das haben wollen, weil die Plakate sind rot und grün. Da hat mir eine Freundin gesagt, dass Demos auf griechisch Volk heißt. Weil die FPÖ aber eine stinknormale demokratische Partei ist, wendet sie sich sicher nicht gegen Volk und Demokratie, habe ich mir gedacht. Aber, habe ich weiter gedacht, vielleicht gegen die Überbevölkerung? Wie ich gerade so nachdenke, sehe ich aber ein Plakat von der Spitzenkandidatin: „Drogen: Ich bin selbst Mutter“. Muttersein führt doch zu noch mehr Überbevölkerung, oder? Die will die vielen Kinder doch nicht mit tödlichen Drogen… – nein. Ich kenne mich echt nicht mehr aus. Erklären Sie mir das bitte, liebe Frau Andrea!

Ihr Klaus Federmair, gmx.at

Lieber Klaus,

bei der FPÖ scheint die rechte Hand nicht zu wissen, was die ganz rechte tut. Das wird in den Plakatkkampagnen der letzten Wochen deutlich sichtbar. Erst wurden seltsame Pfeildiagramme in die Schlacht geworfen, die grafischen Sujets des britischen Stardesigners Neville Brody so nahe standen, dass der Verdacht des geistigen Diebstahls in der Luft stand, dann wurde mit dem Ruf nach mehr Demos und Ausländern bizarre Ängste vor rot-grün geschürt und nun wirbt die Partei des einfachen Mitglieds mit der geballten Kraft einer berufstätigen Mutter. Bei der Spitzenkandidatin für die Wiener Wahl scheint das dextromanuelle Gespaltensein einer Person vorzuliegen. “Ich bin selbst Mutter”, lächelt Helene Partik-Pablé drogenbewusst von den Wänden. Heissen die kleinen Tabletten, die Mamis im tiefsten Frust zu sich nehmen, nicht “mothers little helpers”?

Knopfsemmel

Falter 08/2001 vom 21.02.2001.

Liebe Frau Andrea!

Im Falter 7/01 empfehlen Sie einem Uwe aus dem Internet, der ein Problem mit Knopfsemmeln hat, er möge sich ggf. einen Termin beim Salzamt holen. An der Knopfsemmeltheorie dürfte etwas Wahres dran sein. Ich habe heute bei meiner Ankerfiliale (Sechshausergürtel) nichtsahnend ein paar Semmeln bestellt und bezahlt, zuhause beim Auspacken musste ich mit Erschrecken die von Uwe beschriebenen Knopfsemmeln erkennen.

Mit lieben Grüßen
Christian, Internet

Lieber Christian,

Sie haben recht, das Salzamt wird uns nicht weiterhelfen. Vielleicht bringt die offizielle Stellungnahme des Anker Kundenservice etwas Licht in die Dunkelheit der Semmelkrise: “Die der Kärntner Knopfsemmel nachempfundene „Knopfsemmel“ sollte in unseren ersten Testfilialen die optische Unterscheidbarkeit ermöglichen. Ankerbrot ist der festen Überzeugung, dass die Art der Herstellung dieser Semmel (mit Gärschrank in der Filiale) die Semmel länger frisch hält, mehr Volumen erzeugt und besser schmeckt. Ankerbrot versieht nun diese Semmel mit einem Markennamen und nennt sie „Ankersemmel“. Für die Anhänger der „Kaisersemmel“ bleibt auch die traditionelle Semmel in unserem Sortiment.” Da haben wir’s, lieber Christian! Semmel ist also nicht gleich Semmel. Da Sie, wie Leser Udo offenbar auch Anhänger der Kaisersemmel bist, hier mein Tip: Verlangen Sie doch beim nächsten Ankerbrotfilialbesuch nicht einfach locker eine Semmel sondern ausdrücklich eine “Kaisersemmel”. Vielleicht könnte es auch helfen, unmissverständlich klar zu machen, dass Sie aus religiösen Gründen keine der Kärntner Knopfsemmel nachempfundene „Knopfsemmel“ essen dürfen.

Probleme mit Essen

Falter 07/2001 vom 14.02.2001.

Liebe Frau Andrea!

Ich wollte neulich beim Anker „Kaisersemmeln“ (die mit dem Krönchen) kaufen, und man sagte mir, dass diese ein „Auslaufmodell“ seien, und es dort bald nur noch „Knopfsemmeln“ (eine Art Knopf mit Sonnenstrahlen obendrauf) gäbe. Ich finde das sehr schade. Was kann man dagegen unternehmen?

Ihr Uwe, Internet

Lieber Uwe,

in meiner Ankerfiliale weiss niemand etwas von dieser schrecklichen Zukunft. Haben Sie schon einen Termin beim Salzamt?

Ich hätte da mal eine Frage. Was habe ich gestern zu Mittag gegessen (so circa zwischen 12.30 und 12.44 Uhr)? Kleine Hilfe: die Sonne hat nicht geschienen (schien mir jedenfalls so) und der 123er Bus fuhr gerade geradewegs vorbei.

Alf Frommer, Hamburg

Ich tippe mal gerade geradewegs auf was bei uns als “narrische Schwammerl” (verrückte Pilze) bekannt ist.

Ich habe Haare wie ein Pferd und vielleicht bekomme ich über Nacht auch noch hoove. Dann können wir endlich auf einem gemeinsamen Orange Juice reiten.

Ihre Elli Kny, Wien

Gute Idee! Aber statt eines Orangensaftritts schlüge ich vor, mein zweisitziges privates Hoovercraft zu nehmen (das reitet auf Luft). Frage: Sind Sie mit Herrn Frommer verwandt oder verschwägert?

Alle reden von der Ski-WM – auch ich kann es kaum erwarten. Können sie mir sagen, wann es denn jetzt los geht, damit ich rechtzeitig nach meinem Fernseher suchen kann.
Harry Titz, Internet

Die Schranziade ist gottseidank soeben zu Ende gegangen.

Silberpfeilsimo

Falter 06/2001 vom 07.02.2001.

Warum sind eigentlich die Wiener U-Bahnzüge innen orange und aussen silberfarben bemalt? Steckt da was dahinter?

Alexander Korinek, Landstrasse.

Da steckt was dahinter, lieber Alexander. Das Design der Wiener U-Bahn-Züge stammt aus den 70er-Jahren, einer Zeit, als Farben noch was bedeuteten. Weiss war da noch für Brautkleider und Toiletten bestimmt, Schwarz für Pfarrer und Merdedes-Diesel-Taxis, Grün für Gemüsegeschäfte und Polizisten, Rot für Krampusse und die Sozialistische Partei. Das fahle Gelb totgekochter Eidotter war für die Post reserviert und Violett war für den öffentlichen Gebrauch insofern tabuisiert als es neben Veilchensträussen nur für Karfreitagsdekorationen vorgesehen war. Die Designer der Wiener U-Bahn standen also vor einem Dilemma, das nicht leicht zu lösen war. Die Farbe, in der der Vorläufer der U-Bahn daherkam, das staubige Rostrot der Stadtbahn war nicht gerade als modern etabliert und auch das Weissrot der Strassenbahn konnte nichts repräsentieren, was auch nur im entferntesten mit Fortschritt und urbaner Modernität in Einklang zu bringen war. Eine Farbe allerdings hatten alle noch in blendender Erinnerung: Das Silber der reichsdeutschen Rennautos! Das signalisierte Geschwindigkeit, technische Rafinesse und Siegeswillen! In einer Melange aus deutschnationaler Technikverklärung und zukunftsgläubigem Modernismus bekamen unsere U-Bahn-Garniuren nicht nur die Farbe sondern gleich auch den Namen der Mercedes-Boliden aus den 30er und 40erjahren: Silberpfeile. Nun befanden wir uns allerdings schon in den 70ern und da war vor allem eine Farbe ultrahip: Orange. Orange war alles, was busy und aufregend war. Orange signalisierte Sicherheit und es ist kein Zufall, dass sich auch die berühmte Z-Kugel der Zentralsparkasse mit leuchtendem Mandarin schmückte.

Kanalschwimmen

Falter 05/2001 vom 31.01.2001.

Liebe Frau Andrea!

Kann man im Donaukanal schwimmen? Ich habe gehört, da hat’s mal ein Schwimmbad gegeben.

Valentin Thurnpatscher, Währing

Lieber Valentin,

im Donaukanal kann man ganz ausgezeichnet schwimmen. Behauptet zumindest ein Freund von mir, Gernot Mooshammer. Der hat sich eines frühen Morgens nach einer langen Nacht im Flex seiner Kleider entledigt und sie einer Unbekannten mit den Worten überreicht: “So, I schwimm jetzt hoam”. Dann ist er in den Donaukanal gesprungen und bis zur Urania geschwommen. Dabei ist er auch an jener Stelle vorbeigekommen, an der es tatsächlich einmal ein Flussbad gegeben hat. Das waren im Grunde genommen nichts anderes als swimmingpoolgrosse verplankte Holzkäfige, in denen man ausgezeichnet Baden konnte, ohne in Gefahr zu geraten, von der Strömung mitgerissen zu werden.

Was ist eigentlich aus Comandantina Dusilova geworden? Waren das auch Sie?

Helmut Zöhrer, Leopoldstadt.

Wie, waren das auch Sie? Nein das war nicht ich. Comandantina war der Name, den sich eine gute Freundin von mir einmal in Kuba zugelegt hat. Ihre Phantasie gipfelte in der Vorstellung, sie hätte zur rechten Zeit am rechten Ort durchaus eine Gefährtin von Che Guevara gewesen sein können. (Eigentlich müsste es heissen: Zur linken Zeit am linken Ort…)

Ich bin so unglücklich. Meine Freundin sieht super aus, will aber nur Kuscheln. Sex interessiert sie nicht, sagt sie.

Reinhard Pexa, Internet.

Lieber Reinhard,

sie will nur kuscheln, sagst Du? Hmm, schwierige Sache. Wie siehts Du denn eigentlich aus? Vielleicht liegts daran? “Denk mal drüber nach“ (Alex zu Jürgen in BB1).

Weil Warum

Falter 04/2001 vom 24.01.2001.

Liebe Frau Andrea!

Ich hasse Abkürzungen: CIA, FBI, KGB, UdSSR, DDR, und jetzt Willi Resetarits mit FUT. Was soll ich nur machen?

Doris König, Ottakring

Liebe Doris,

ich fürchte wir können da wenig machen, wir müssen da durch. Jetzt heisst es, tapfer zu sein, denn die Abbrevionitis hat den langen Atem aller schlechten Angewohnheiten. Haben nicht schon die Römer mit diesem Unsinn angefangen? Die nannten ihren Staat ja nicht “Die Römer” oder “Bundesrepublik Rom” sondern gespreizt SPQR, Senatus Popolusque Romanorum, Senat und Volk der Römer. Und von SPQR zu USA, DDR und CCCP war es dann nur mehr ein kurzer kleiner Sprung. Ersten öffentlichen Unmut Abkürzungen gegebüber hat die Knabenband Fantastische Vier 1999 in ihrem Song MFG formuliert. “ARD, ZDF, C&A, BRD, DDR und USA”, singen sie da, “BSE, HIV und DRK, GbR, GmbH, ihr könnt mich mal…” MFG, mit freundlichen Grüssen, hiess die epochale Scheibe. Ganz ernst können es die Fantastischen Vier mit ihrer Anklage aber nicht gemeint haben, sonst würde sich die Band nicht FANTA 4 nennen. Wie ja auch Bandabkürzungen ein Kapitel für sich sind! Wer könnte je so wichtige Kürzel wie ELP (Emerson, Lake and Palmer), BTO (Bachmann, Turner Overdrive), ELO (Electric Light Orchestra) oder BCR (Bay City Rollers) vergessen. Sogar Frau Andrea war mal als Sängerin und Gitarristin in einer Wiener Vorstadtband namens UA’B (Urquhart A’Bhainne) tätig. Woran Willi Resetarits gedacht haben mag, als er – ausgerechnet in einem Fernsehwerbespot – mit der äusserst unzweideutigen Abkürzung FUT zu hantierten began, ist mittlerweile Gegenstand wilderster medienpolitischer Spekulationen. Neuesten Gerüchten zufolge soll Willi Resetarits mit FUT nichts anderes als “Ferdammt und Tsugenäht” gemeint haben.