Franz HEBENSTREIT (1747-1795). Rehabilitierung eines frühen Demokraten
Wiederaufnahme eines Verfahrens im Rahmen der Wiener Vorlesungen
Mit: Andrea Maria DUSL(Autorin, Zeichnerin, Filmregisseurin), Hubert Christian EHALT (Prof. Sozialgeschichte, Wissenschaftsreferent der Stadt Wien), Alexander EMANUELY (Schriftsteller, Rep. Club), Norbert GERSTBERGER (Richter), Ottwald JOHN (Schauspieler), Beate MATSCHNIG (Richterin), Heinz MAYER (Prof. Verwaltungs-, Verfassungsjurist), Werner ORGIS (Prof. Verwaltungs-, Verfassungsgeschichte), Arno PILGRAM (Rechts-, Kriminalsoziologe), Ernst WANGERMANN (Prof. Historiker).
Ich fordere Freiheit für Franz Hebenstreit! Mein Aufruf kommt 215 Jahre zu spät. Franz Hebenstreit wurde am 8. Jänner 1795 hingerichtet. Am Schottentor wurde er aufgehängt, unter dem Johlen derber Dummköpfe, die sich darin gefielen, eine weitere Fackel der Aufklärung in den Brunnen zu werfen.
Franz Hebenstreit war ein Demokrat, er brannte für die Freiheit, für die Gleichheit, für die Geschwisterlichkeit. Am Schottentor, wo sein Licht ausgeblasen wurde, steht heute die grosse Universität des Landes, darin sein Fokus, das Auditorium Maximum.
Auch 215 Jahre nach Hebenstreit wird am Schottentor noch um die Freiheit gekämpft. Für die Freiheit des Denkens, für die Freiheit von Ungleichheit und Standesdünkel. Auch 215 Jahre nach Hebenstreit ist das Schottentor noch eine Richtstätte. Unten am Donauufer steht die grosse Kaserne, sie wurde gegen das Volk errichtet, wurde gebaut, um das Volk mit Waffengewalt von der Revolution abzuhalten. Sein Hauptausfallstor ist auf ebendiese Universität gerichtet, das österreichische Gegensatzpaar Staatsgewalt und Freiheit der Lehre ist in den Stadtplan eingeschrieben.
Am Schottentor werden noch heute, im Jahr 2010, 215 Jahre nach Hebenstreit Studierende von Polizisten zusammengeschlagen. Was ist ihr Verbrechen? Die Forderung nach Freiheit. Das Besetzen kommunalen Eigentums.
Was fürchtet die Staatsgewalt? Sie fürchtet, dass der König seinen Kopf verliert. Mit der Forderung nach Freiheit beginnt der Kopf zu wackeln, mit der Idee der Gleichheit purzelt er.
Hätte Franz Hebenstreit, Bruder im Geiste, Bruder im Licht, seine Sehnsucht nach der besseren Welt, seine Sehnsucht nach einem Leben ohne Neid und Missgunst, ohne Habgier und Ausbeutung, hätte er diese Sehnsucht verwirklicht, lebten wir heute in einem besseren Land.
Dann könnte sich Arigona Zogaj heute so frei fühlen wie Anna Netrebko.
Hätte Franz Hebenstreit seine, unsere Sehnsucht verwirklichen können, hätten wir uns die Metternichzeit erspart, die eiserne Faust nach dem gescheiterten 48er-Revolutionsversuch, das soziale Elend der Gründerzeit, den habsburgischen Völkerkerker, den ersten Weltkrieg, den Ständestaat, den Nationalsozialismus, den zweiten Weltkrieg und wahrscheinlich auch den Holocaust.
215 Jahre nach Hebenstreit leiden wir noch immer an den Echos der aufgezählten Verbrechen. Täter wie Opfer. Die Täter leiden an ihrem Wahn, die Opfer an dessen Folgen.
Die Utopien, nach denen sich Franz Hebenstreit sehnte, sind in diesem Lande noch weitgehend unverwirklicht. In seinen Betrachtungen fand Hebenstreit, “dass der Neid in seinem ausgedehnten Verstande die Hauptquelle aller Laster sei, auf der anderen Seite, dass von dem Krieg zum Prozesse, vom Prozesse zum Raub und zur Plünderei keinen anderen Grund als das Mein und Dein habe.”
In einer Gesellschaft dagegen, in der “alle Natur- und Kunstprodukte nach jedem Bedürfnis gemeinnützig sind, folglich der Erwerb sowie der Genuss gemeinschaftlich”, in einer solchen Gesellschaft sei jedes Laster unmöglich.
Andreas Riedel, der andere prominente revolutionäre Geist jener Tage nennt diese Gedankenwelt euphorisch „Hebenstreitismus oder Kommunismus“.
Neoliberale und Antisoziale, Klerikale und Konservative mögen ihre Ressentiments am Wort Kommunismus erigieren, aber in einer Welt, die Hebenstreit und die anderen Revolutionäre ersehnt und vorgedacht haben, gäbe es die Geschäftsmodelle des Neoliberalismus und Antisozialismus nicht, es gäbe keine Wahrheit in Gott und nicht die Nacherzählung des Beamtenkaiserstaates im Kleinen. Es gäbe Gerechtigkeit und Gleichheit, es gäbe die Souveränität des Einzelnen, gebündelt in der Idee der Solidarität.
In einem Hebenstreitösterreich gäbe es Freiheit, gäbe es Gleichheit, gäbe es Geschwisterlichkeit.
„Österreich ist eine demokratische Republik. Ihr Recht geht vom Volk aus.” Der Artikel 1 des Bundesverfassungsgesetzes ist nicht verwirklicht. Österreichs Recht wird hinter den Polstertüren von berufsständischen Kammern und Eigentümerbüros verhandelt, es hat keine Erinnerung an die Revolution, denn die Revolution hat in Österreich nie stattgefunden. Der König hat nie seinen Kopf verloren.
Wer auch immer an seiner statt sitzt, egal, welchen Namen sein Sessel trägt, hat keine Erinnerung an die Macht des Volkes. Wo es keine Erinnerung gibt, gibt es keine Erkenntnis. Es wundert nicht, dass die Republik sich nicht an Franz Hebenstreit erinnert.
Aber wir tun es und wir holen seine Fackel aus dem Brunnen, sie brennt noch und leuchtet. Franz Hebenstreit mag sein Leben ausgehaucht haben, aber seine Ideen brennen. Stürzen wir die falschen Helden von ihren Sockeln, die Kaiser und Könige und Kärntner Sonnen und ihre Büttel und erinnern wir uns an die wahren Helden dieses Landes. Die ersten Demokraten. Die ersten Republikaner. Franz Hebenstreit, Du lebest hoch!
The U.S. Government had intentionally kept water and food from desperate people in New Orleans. Mitchel Cohen – Friday, Sep. 02, 2005 at 10:42 AM.
Les Evenchick, an independent Green who lives in the French Quarter of New Orleans in a 3-story walkup, reports that 90 percent of the so-called looters are simply grabbing water, food, diapers and medicines, because the federal and state officials have refused to provide these basic necessities.
Die österreichische Regierung begeht ein soziales Verbrechen nach dem anderen, sie verschleudert den Besitz der Republik, säubert Betriebe und Institutionen von allen Unliebsamen und installiert dort Parteigänger der Schüsselisten und ihres seltsamen Koalitionsbeiwagerls. Jetzt geht es der Demokratie an den Kragen. Die Entdemokratisierung der österreichweiten Studierendenvertretung ÖH ist nur der Anfang. Was kommt als nächstes? Die erbliche Monarchie? Der Ständestaat?
Es sieht so aus, als wären die US in Rot und Blau zerfallen. Rot: Die gottgeleiteten, rechtsgerichteten christkonservativen Republikaner hinter dem „Leader“ Bush. Blau, die liberalen, linken, aufgeschlossenen und aufgeklärten Demokraten, die mit Kerry untergingen.
Ganz so schlimm ist es nicht. Amerika ist blauer als das Wahlergebnis vermuten lässt. An Bushs Fahrplan ändert das freilich wenig.
Noch nie ist es uns Frauen so gut gegangen wie heute: Alerte Handarbeitslehrerinnen können Wissenschafts-Minister werden, Sekretärinnen mit Biss Präsidentschaftskandidatin oder EU-Kommissarin und einfache Schwestern einfacher Parteimitglieder gar Parteichefin. Fromme Frauen gelingt es mühelos, im Himmel anzuläuten und mit Krampfadern-Gebeten Ex-Kaiser zur Seligsprechung zu verhelfen. Das ist doch was.
Denen von uns, die es nicht ins Rampenlicht der Politik, auf die Schipisten der Welt und in die Chefetagen der grossen Konzerne drängt, kann auch geholfen werden: Schüsseloide Familienpolitik macht es Frauen leicht, sich für konservative Werte wie Heirat, Heim und Herd zu entscheiden. Für Nachwuchs im Alleinverdienerhaushalt wird auch gesorgt:
Schwangerschaftsunterbrechungen werden erschwert, eine rigorose Gesellschaftspolitik weiss zu verhindern, das Männer gar untereinander heiraten und an der Heiligkeit der Sakramente rütteln. Wenn Frauen zu Hause nach dem Rechten sehen ist das gut für die Wirtschaft, gut für die Banken, gut für die Blasmusik.
Stop.
Ich will, das dieser Spuk wieder aufhört. Sofort. Ich will dass alle Österreicherinnen von ihrem Job leben können, nicht nur jede zweite, dass Kind und Karriere keine einander ausschliessenden Alternativen sind. Und wenn wir Frauen unbedingt heiraten wollen, sollen wir das auch untereinander tun dürfen.
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Erschienen am 3. Oktober 2004, aber wo? Standard, Online-Standard. Kurier, profil, Datum, ÖH-Express? Habs vergessen. Am ehesten noch im profil. Anyway.
Andrea Maria Dusl für Falter 07/00 vom 16.2.2000 Seite 21.
Kaum waren die Mitglieder der neuen Regierung unter dem Ballhausplatz durchgekrochen, begann sich eine gefährliche Eskalation über das Land zu breiten. Eskalation fand aller Orten statt: Am Ballhausplatz, vor dem Parlament, auf den Straßen der großen österreichischen Städte. Große Eskalationen fanden sich am Sonntag nach der Wende auch vor dem Haas-Haus ein. An ein eskalationsfreies Miteinander der Klubobleute war nicht zu denken. „Zur Sache“ wurde auf den Küniglberg verlegt, einige tausend Eskalateure folgten. Peter Westenthaler sah sich gezwungen, den Staatsmann im Simmeringer zu entdecken: „Wir müssen versuchen, de zu eskalieren.“ Eine Springflut der Deeskalation überschwemmte den ORF: „Es gibt keine Weisung, aber wir halten uns daran.“ Besondere Verdienste um die Deeskalation konstatieren wir bei Günther Ziesel, der seine Agenden als Pressestunde-Moderator mit denen eines Regierungssprechers zu verwechseln trachtete. Enorm auch das Aufgebot an Deeskalation im letzten „Zur Sache“: Oppositionspolitiker wurden aus Deeskalationsgründen erst gar nicht geladen.
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