Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‘ in Falter 42/2025 vom 15. Oktober 2025
Liebe Frau Andrea,
gestern stand ich in meinem Keller, umgeben von Kramuri, und war etwas verzweifelt. Wie hier wieder Ordnung reinbringen, fragte ich mich. Woher kam dieser Krimskrams? Und da erinnerte ich mich an jenes charmante Wienerlied der Gebrüder Marx mit eben jenem Namen. Kramuri! Da stecke das Wort Amor drinnen, so die Autoren. Stimmt das? Hat Amor etwas mit dem Krempel in meinem Keller zu tun?
Mit freundlichem Gruß,
Oskar Kotzinger, per Email
Lieber Oskar,
Kramuri, Gramuri, die Ansammlung von brauchbaren und unbrauchbaren Dingen kann viel mit persönlicher Liebe zu tun haben, von Amor, dem pfeilschießenden Liebesgott und dem zugrundeliegenden lateinischen Zeitwort „amare“, lieben, kommt es nicht. Sprachen frühere Generationen von dem oder der Kramuri, zirkuliert das Wort heute meist im Neutrum: Das Kramuri. Manche wollen es von „rumoren“ ableiten, andere sehen in der Endsilbe „uri“ entfernte rumänische Echos. Zwei Wörter sind in Kramuri zusammengeflossen: Der Kram (wie wir ihn auch vom Verkäufer desselben, dem Krämer kennen) bezeichnete ursprünglich die Zeltdecke, die Plane, die Marktbude, unter der die Händler ihre Ware feilboten. Später erweiterte sich die Bedeutung auf das verkaufte Kleinzeug selbst. Das andere Wort in Kramuri ist der schon spezifisch Wienerische „Murer“ oder „Muara“. Dieser soll von „mualn“, „muarn“ (schimpfen) kommen, eine Entlehnung aus dem mittellateinischen „murmurare“ (murmeln, murren, brummen, knistern).
Die dann doch sehr wienerische Liebe zum Unbrauchbaren, Weggelegten, Angesammelten hat eine ganze Reihe von Ausdrücken und Bezeichnungen etabliert. Dínef, von hebräisch „tinūp“ Verschmutzung, und jiddisch „Dinnef“, ist die schlechte Ware. Glumpad (Gelumpe) ist ebenfalls das wertlose Zeug, verwandt mit den Lumpen. Graffe (Geräffel) ist der wertlose Kram, das funktionslose Werkzeug, Grempe (Krempel) das Gerümpel, von italienisch „comprare“, kaufen. Tschintschalweach schließlich ist das Flitterzeug, der Tandelkram, von italienisch „gingillo“ (ausgesprochen dschíndschíllo), soviel wie Nippes, und Weach, Werg, wertloses Zeug. Amors Pfeil triff auch dorthin.