Über das Überhochmetzen

Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‘ in Falter 41/2025 vom 8. Oktober 2025

Liebe Frau Andrea,
in Klaus Nüchterns Besprechung des neuen Romans von Ian McEwan bin ich über das Wort „überhochmetzt“ gestolpert. Können Sie mir sagen was es bedeutet? Es ist wohl kein Wort der aktuellen Jugendsprache, handelt es sich vielleicht um ein altes, jetzt ungebräuchliches Wort, mit dem der Autor seine Bildung demonstrieren möchte?
Mit herzlichen Grüßen,
Paul Weber, Margareten, per Email

Lieber Paul,

Kollege Klaus Nüchtern hat Ihr Stolperwort, wie er mir offenbart hat, vor vielen Jahren aufgeschnappt. Wo, weiß er nicht mehr, insoferne ist die Vokabel kein Ausweis übertriebener Bildungsprominenz. Sehen wir uns die Sache durch die etymologische Brille an. Die Bedeutung des Wortes umfasst die Synonyme exaltiert, hochtrabend, überkandidelt, pompös, aber auch besserwisserisch, neunmalklug und oberschlau. Es darf daher als gelegen erscheinen, „überhochmetzt“ in Buchbesprechungen und Plattenrezensionen zu verwenden. Ob das, seit den Nullerjahren beliebte Adjektiv „hochgejazzt“ ein Abkömmling von „hochgemetzt“ ist, muss noch erforscht werden. Der Wortbestandteil „metzen“, soviel wie schlagen, hauen, wäre verwandt mit „meißen“ (schneiden, stückweise abtrennen) und Meißel, noch bewahrt in Steinmetz und in Metzger. Dennoch kommt „überhochmetzt“ nicht aus dem Deutschen. Zudem ist nicht klar ist, ob das Adjektiv das Partizip Perfekt von „überhochmetzen“ oder von „hochmetzen mit dem neuerdings in den USA beliebten Präfix „über“, „uber“ ist.

Seit dem biblischen Hebräisch ist das feminine Substantiv „hokmá“ (Geschicklichkeit, Kunde, Weisheit) belegt. Es wurde als chochme, chochmo ins Jiddische integriert. Kochme, meist ironisch verwendet, ist der Verstand, die Weisheit, die Kunst, die Klugheit, und der kluge Ausspruch, die kluge Tat. Kuchem indes der siebengescheite, kluge, schlaue, aber auch eingebildete Mensch. Kochmetzen, hochmetzen ist daher wohl das Klugscheißen.

Das Wienerische metzt weder hoch noch überhoch, sondern máschald auf (mascherlt auf) und schdátsd auf (von mittelhochdeutsch stärzen, steif emporragen) – im galoppierenden Klugheitsfalle ówagscheid (obergescheit).


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