Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‘ in Falter 27/2025 vom 2. Juli 2025
Liebe Frau Andrea,
als unbedingter Gegner misogyner Wortwendungen frage ich mich, woher der Begriff von der „ausgestochenen Nudel“ – umgangssprachlich „a gonz a Ausgstochane“ – wohl kommen mag. Soweit ich meine Salzburger Freunde verstanden habe, wird damit eine schnell pikierte und in Dingen von Stil und Umgangsformen leicht aus der Fassung zu bringende Person bezeichnet. In meinen Münchner Jahren lernte ich „ausgezogene Nudeln“ kennen, ein Schmalzgebäck, wobei ich mir nicht im Klaren bin, ob hier eine begriffliche Verwandtschaft bestehen könnte. In meiner Jugend wurden schrille weibliche Fernsehpersönlichkeiten, wie die von mir verehrten Hella von Sinnen, oder Helga Feddersen in den Medien als „Ulknudeln“ tituliert, was mir schon als Kind despektierlich erschien. Ich hoffe, Sie können für Aufklärung sorgen.
Ihr Philipp Hauers, per Email
Lieber Philipp,
als Mutter aller Ulknudeln sei die deutsche Kabarettistin Ingrid Steeger in Erinnerung gerufen, die in der 70erjahre-Klamauk-Serie Klimbim das Genre entscheidend geprägt hat. Das Bundesdeutsche verwendet den Begriff „Nudel“ vorrangig für die leichtherzige und humorfähige Frau. Anders verhält es sich in den Gebieten südlich des Weißwurstäquators, wo „Nudeln“ synonym mit Klößen und anderem Herumgedrücktem verwendet wird, ist doch das Wort selbst eine Lautvariante zu Knödeln und Knuddeln. Obschon es nahe liegt, bei der „ausgestochenen Nudel“ an ein Ergebnis küchenteigbasierten Schaffens zu denken, kommt der Begriff aus dem ritterlichen Mittelalter. Etwas auszustechen bedeutet bekanntlich, etwas aus etwas anderem herauszustechen, Weihnachtskekse etwa, in der Folge aber auch, etwas mit einem spitzen Gerät zu entfernen, ursprünglich den Gegner mit der Lanze aus dem Sattel zu holen – umgangsprachlich, jemand in den Schatten zu stellen, zu übertrumpfen.
Die „ausgestochene Nudel“ ist also die formbare, des Herumgedrücktwerdens nicht abgeneigte weibliche Exzellenzperson. Das Wienerische kennt den Typus als „schdeule Oide“, als „feschn Dsopfm“ und „wööd Schnoin“. Berechtigte Kritik an genderungerechter, ja sexistischer Sprache muss an anderer Stelle erfolgen.
„Anders verhält es sich in den Gebieten südlich des Weißwurstäquators, wo ‚Nudeln‘ synonym mit Klößen und anderem Herumgedrücktem verwendet wird …“. – Naja, werte Frau Andrea: Als „südlich des Weißwurstäquators“ aufgewachsener und dort immer noch lebender Wiener kenn‘ ich schon noch mindestens jedenfalls eine andere Bedeutungsvariante von „Nudel“; diese welche unter anderem auch zum „Herumdrücken“ und „Knuddeln“ verwendbar ist. Und da muss ich gar nicht erst in Bornemanns „Sex im Volksmund“ nachschau’n.