Zibebn für die Zizibe

Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‘ in Falter 15/2025 vom 9. April 2025

Liebe Frau Andrea,
soeben lese ich interessiert Ihre Antwort „übers Einweimperln“ und stolpere über den Ausdruck „Zibebn“. Meine Amstettner Oma nannte mich „Fräulein Zizibee“, wenn ich wehleidig oder wählerisch war. Hängen diese Begriffe zusammen?
Danke und herzliche Grüße
Christa Sieder, Hernals, per Email

Liebe Christa,

Ihre großmütterliche Benennung dürfte einen wahrscheinlichen Ursprung in Josef Pazelts Kinderbuch „Zizibe, ein Wintermärchen für blonde und graue Kinder“ haben. Das liebevoll illustrierte Bändchen des Kleinbauernsohns, Pädagogens, Freimaurers und späteren Ministerialrats erschien 1924. Es erfuhr spätere Auflagen in den 50erjahren. In Patzelts proletarisch-lehrreichem Kindermärchen geht es um eine erzählende Großmutter, eine verzauberte Königstochter, eine verarmte, hungernde Mäusefamilie, einen aufklärerischen Raben, insgesamt aber um Lösungsmöglichkeiten, um Armut und Unterdrückung zu entkommen, und über den Irrsinn des Krieges zu reflektieren. Die Monarchie im Märchen von der Prinzessin Zizibe verwandelt sich im Finale des Buches zu einer Republik, die Mäuse müssen niemals mehr Hunger leiden, weil sie zu Verwaltern der Kornkammer (und wohl auch der der Rosinenvorräte) ernannt werden, und alle leben märchenhaft glücklich bis ans Ende ihrer Tage.

Schauen wir und das Wort Zizibe (Zizibeh, Tsitsi-Bä ausgesprochen) genauer an. Es hat seinen Ursprung einerseits im laumalerischen Ruf der mundartlich so bezeicheten Meise (meist der Kohlmeise), andererseits im italienischen „Cicisbeo“. Damit wurde im Italien des 18. und 19. Jahrhunderts der erklärte Galan oder Liebhaber einer verheirateten Dame aus aristokratischem Stand bezeichnet. Ursprünglich dürfte das lautmalerische „Cicisbeo“ den Flüsterton des Geliebten bezeichnet haben. Nach anderer etymologischer Lehrmeinung liegt in „Cicisbeo“ die Umkehrung von „bel cece“ vor, so viel wie „schönes Pfauenküken“.

Mit der Zibebe (der hierorts bereits erörterten getrockneten Weinbeere) haben Prinzessin, Galan und Pfauenjunges garnichts zu tun, kommt sie doch über das sizilianische „zibibbo“ von arabisch „zibība“, erraten: Rosine.


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