Wissenschaft in Österreich

„Wissen ist Macht“, sagt die Kalenderspruchdichtung, Österreich antwortet: „Nichtwissen macht auch nichts.“ Im Einklang mit diesem Befund wird Bildung als Einbildung diskreditiert, dem Können das Auskennen vorgezogen. Der Hättiwari konkurriert mit dem Diafensoiti und dem Kennantati.

Das will nicht heißen, dass es im Land der Berge nicht auch Experten gäbe, ganz im Gegenteil, sie sitzen aber lieber auf Traktorsitzen als auf Lehrstühlen. Statt Praxen und Kanzleien aufzusuchen, vertrauen die gelernten Österreicher Dr. Google, Professor ChatGPT und wie immer schon: Dem Wirtshaustisch. Dort weiß man, was man wissen muss – Bücher und Broschüren verwirren, Anleitungen und Beschreibungen irren. Gedrucktes ist Druck, und Druck schmerzt. Also gilt das gesprochene Wort, das Posting, und die Instanzen Hausverstand und Bauchgefühl. Die Politik des kleinen Mannes (die kleine Frau ist immer mitgemeint) hat diese Mechanismen verinnerlicht und zu stabilen Verhältnissen geformt.

Jüngst zirkulierte in Verhandlerkreisen die Forderung, Englisch (die lingua franca der Wisssenschaft) zu verbieten, Studien, Thesen und Disserationen nur mehr auf Deutsch zuzulassen. Dem liegt die bauchgefühlte Angst zugrunde, hiesige Nachdenker könnten sich im Ausland wichtig machen, und schlimmer (weil umgekehrt), nachdenkliche Ausländer bei uns.

Österreichs galoppierende Wissenschaftsskepsis ist Legion. Der legendäre Tiroler Satiriker Otto Grünmandl hätte sie so zusammengefasst: „Politisch bin ich vielleicht ein Trottel, aber privat kenn ich mich aus.“

Andrea Maria Dusl. Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten am 15. Februar 2025.

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